In Deutschland dürfen nicht mehr so viele Lebensmittel in den Müll geworfen werden. Spenden an wohltätige Tafeln werden erleichtert.

Berlin. Der Bundestag hat ein Zeichen gegen das massenhafte Wegwerfen von Nahrungsmitteln im reichen Deutschland gesetzt. In einem gemeinsamen Antrag, der am Donnerstagabend mit breiter Mehrheit angenommen wurde, prangern Union, FDP, SPD und Grüne vermeidbare Lebensmittelverluste als ethisch und ökologisch nicht akzeptabel an. Sie fordern die Regierung auf, eine Vereinbarung mit der Wirtschaft zu treffen, „die branchenspezifische Zielmarken zur Reduzierung des Abfalls vorgibt“. Spenden an Tafeln, die in vielen Städten Lebensmittel an Bedürftige weitergeben, werden steuerfrei.

Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) betonte das Ziel, unnötige Verluste bis 2020 zu halbieren. In Deutschland landen laut einer Studie jährlich rund 11 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll. Es sei „ein Gebot der Nachhaltigkeit und der Verantwortung für kommende Generationen, Lebensmittelverluste so weit wie möglich zu reduzieren“, mahnen Koalition und rot-grüne Opposition.

Dem gemeinsamen Antrag zufolge soll die Regierung zudem prüfen, den Aufdruck eines Mindesthaltbarkeitsdatums bei lang haltbaren Produkten wie Nudeln einzuschränken. Die weltweiten sozialen und ökologischen Folgen von Lebensmittelverschwendung sollten in die Bildungsarbeit an Schulen und Kindertagesstätten aufgenommen werden. Die Regierung soll Fortschritte im Kampf gegen Verschwendung alle zwei Jahre überprüfen.

Aigner sagte, nicht nur die privaten Haushalte seien gefordert. „Wir stehen derzeit in intensiven Gesprächen mit Herstellern, Handel und Großverbrauchern, um gezielte Maßnahmen zur Reduzierung der Lebensmittelabfälle einzuleiten.“ Auch die SPD hob hervor, die Wirtschaft solle stärker in die Verantwortung genommen werden. Der Vorsitzende des Bundestags-Verbraucherausschusses, Hans-Michael Goldmann (FDP), sprach sich erneut dafür aus, die Verständlichkeit des Mindesthaltbarkeitsdatums zu überprüfen. Viele Kunden verwechseln es mit einem Wegwerfdatum.

Die Linksfraktion forderte in einem eigenen Antrag unter anderem, dass Verträge im Handel keine Verpflichtungen enthalten dürften, das volle Sortiment etwa von Frischwaren bis Ladenschluss vorzuhalten. Güteklassen und Vermarktungsnormen sollten aufgehoben werden.

Wer Lebensmittel an eine Tafel spendet, muss dafür künftig keine Mehrwertsteuer zahlen. Bei begrenzt haltbaren Lebensmitteln solle der Wert nach Ladenschluss regelmäßig null Euro betragen, teilte das NRW-Finanzministerium nach einer Einigung zwischen Bund und Ländern mit. Damit falle keine Mehrwertsteuer an. Die Regelung wurde nötig, nachdem ein Finanzamt in Sachsen das Recht so ausgelegt hatte, dass ein Bäcker Umsatzsteuer auf gespendete Brötchen zahlen musste.

Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums kommt die Regelung zum Tragen, wenn Spender keine Spendenquittung für die Einkommensteuer erhalten. Die „Billigkeitslösung“, Lebensmittelspenden kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums nicht der Umsatzsteuerpflicht zu unterwerfen, sei vom Bund vorgeschlagen worden, erklärte der Parlamentarische Staatssekretär Steffen Kampeter in Berlin.