Organisatoren der ersten Spendenaktion dieser Art zufrieden. Erlös des Leerguts kommt wohnungslosen Familien zugute.

Altstadt. Der Nutzen einer Plastikpfandflasche ist in der Regel übersichtlich. Sie wird mit Getränken befüllt, verkauft, geleert, weggebracht, von einem Automaten zerdrückt, eingeschmolzen - und dann geht es wieder von vorne los. Am Ende ist sie 25 Cent wert, wobei der vom Automaten ausgespuckte Pfandbon nicht selten vergessen wird und erst Wochen später aus den Tiefen der Hosentasche wieder auftaucht. Dabei ernähren die Pfanderlöse von Plastikflaschen längst Menschen. An jeder Ecke sieht man die Pfandsammler. An jeder Ecke zeigt sich dieser Spiegel der Armut.

"Jeder ist gegen Armut, aber trotzdem gibt es sie", sagt Diakon Axel Mangat. Deshalb greife der von ihm ins Leben gerufene erste FlaschenMob dieses Phänomen auf. Die Idee: Jeder hat Pfandflaschen, also kann auch jeder mit einer Plastikspende helfen. "Denn", so Mangat, "es reicht nicht, nur dagegen zu sein. Man muss etwas tun. Die Botschaft lautet: 'Bring Pfand vorbei! Mach was! Beweg dich am Internationalen Tag zur Überwindung der Armut!'"

Seit 1992 wird an jedem 17. Oktober versucht, die Armut zu überwinden. Doch nach den üblichen Vorträgen und Appellen sind die Armen meistens so arm wie vorher und die Aktivisten ein Stückchen desillusionierter. Insofern überlegten sich Axel Mangat, Leiter der Bahnhofsmission, und Mark Möller von der Stadtmission ein nachhaltigeres Konzept. Unter der Schirmherrschaft von Bischöfin Kirsten Fehrs wurde der Jakobikirchhof in der Innenstadt zur öffentlichen Pfandrückgabestelle erklärt. An zwei Pavillons konnten Passanten ihre PET-Flaschen spenden. 10 000 waren angepeilt worden. Beim FlaschenMob zählte jede Plastikpulle.

Eine charmante und originelle Idee sei das, sagt Katrin Farken. Mit einem Beutel voller Leergut hatte sich die Studierende aufgemacht. "Die paar Flaschen tun mir nicht weh. Und es ist besser, als bloß Geld zu spenden." Fanden auch viele andere. Immer wieder kamen Leute, die teils weite Wege auf sich genommen hatten, um ihre Plastikflaschen loszuwerden. "Manchmal sind es nur ein oder zwei Flaschen", sagt Diakon Mark Möller. Aber sie helfen ganz konkret, Notlagen zu mindern. Das Geld der Aktion fließe in einen Fonds der Stadtmission. Dieser werde eingesetzt, um wohnungslos gewordenen Familien eine gemeinsame Bleibe zu stellen. "Denn das Hilfesystem bei Obdachlosigkeit ist auf alleinstehende Personen zugeschnitten", sagt Axel Mangat. Es gebe zwar Sammelunterkünfte oder kleine Zimmer. Aber mit wohnungslosen Familien rechne niemand, weshalb Eltern und Kinder in derartigen Notlagen mitunter auseinandergerissen werden, in getrennten Unterkünften. "Solide Zahlen gibt es nicht. Aber Familien ohne Wohnung sind ein aufkommendes Problem", sagt Axel Mangat. Einmal pro Monat sei er in der Bahnhofsmission damit konfrontiert. Und dann sei die Frage: Wohin? Mit dem Pfanderlös können nun Übergangslösungen wie Hotels oder Jugendherbergen bezahlt werden. Es wurde allseits gelobt, dass es dem Bündnis aus Stadtmission, Citykirchen, dem studentischen Verein Pfand Collection, dem Straßenmagazin "Hinz& Kunzt" und den kommerziellen Entsorgern Veolia und Interseroh gelungen ist, diese ernste Thematik in einen ungezwungenen und unaufdringlichen Spendenrahmen zu stecken (etwa durch die Anspielung auf zeitgenössische Flashmobs). Auf diese Art helfe man gern, die Jugend werde "mitgenommen".

Pastorin Friederike Raum-Blöcher nannte das Konzept sogar "genial": "Und weil ich die Idee so gut fand, habe ich in einem Supermarkt in St. Georg nach Leergut gefragt." Heraus kam sie mit einer vollen Tüte Flaschen, vom Filialleiter persönlich zusammengestellt. "25 Stück waren das. Ein kleiner Beitrag zu weniger Armut." In Wilhelmsburg, ihrer Wirkungsstätte, treffe sie oft auf Geldnot. "Deshalb weiß ich auch, wie weh Armut tun kann."

Dieses Wissen in noch mehr Hamburger Köpfe zu bringen - "wenn das gelingt, hat sich die Aktion gelohnt", sagt Axel Mangat. Zumal es so herrlich einfach sei, mit Flaschen ein Zeichen zu setzen. Nicht auszuschließen, dass die Aktion in anderen Städten Nachahmer findet. Denn bisher ist der Hamburger FlaschenMob eine einmalige Sache.

Am Ende waren es auf dem Jakobikirchhof zwar nicht die erhofften 10 000 Flaschen, aber immerhin 4317. "Wir sind mit diesem Ergebnis sehr zufrieden", sagt Mark Möller. "Wir haben viele Leute erreicht." Insgesamt sei ein Signal von Hamburg ausgegangen, rein technisch in Form von prall gefüllten Säcken mit Plastikflaschen. Im übertragenen Sinn in Form großer Hilfsbereitschaft. Denn der Nutzen von Plastikpfandflaschen, das sollte sich auch dank der an Laternen befestigten Pfandkisten für Pfandsammler herumgesprochen haben, geht inzwischen weit über 25 Cent hinaus. Pfand kann Menschen helfen.