Schleswig-Holsteins Ministerpräsident auf Antrittsbesuch. Torsten Albig will eine “neue Dekade im dänisch-deutschen Verhältnis“.

Kopenhagen. Mit großen Worten und ebenso großen Projekten hat Schleswig-Holsteins neuer Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) seine erste Auslandsreise nach Dänemark begonnen. Er wolle eine "neue Dekade im dänisch-deutschen Verhältnis" einläuten, sagte der Regierungschef aus Kiel vor der deutsch-dänischen Handelskammer in Kopenhagen. Die Verbindungen zwischen seinem Land und Dänemark müssten neu erfunden werden. Dazu gehören vor allem der geplante Bau eines neuen Tunnels unter dem Fehmarnbelt und eine moderne Anbindung der Ostseeinsel Fehmarn an Holstein sowie die Hochschul- und Forschungsförderung.

Albig regte eine "gemeinsame, international ausgerichtete Europa-Universität" an, die von deutschen und dänischen Unternehmen unterstützt werden könne. Im Grenzgebiet bei Flensburg solle außerdem eine Fraunhofer-Forschungseinrichtung für Leistungselektronik etabliert werden.

Mit den mehr als 800 dänischen Unternehmen in Schleswig-Holstein sei ein Drittel aller dänischen Firmen überhaupt in Deutschland zu Hause. Albig versprach, dafür zu sorgen, dass wieder mehr Dänisch gesprochen werde. Ohne besonderen Verweis auf mutmaßliche Fehler der Vorgängerregierung von Peter Harry Carstensen (CDU) sprach Albig von einem "historischen Schritt nach vorn" in den vergangenen Monaten. Seine Regierung habe die Zuschüsse für dänische Schüler wieder auf das alte Niveau angehoben. So lobte Dänemarks Außenminister Villy Søvndal, dass Albigs neue Regierung aus SPD, Grünen und Südschleswigschem Wählerverband (SSW) endlich wieder die dänischen Kinder mit denselben finanziellen Hilfen ausstatte wie die deutschen. "Mit dieser Entwicklung sind wir sehr zufrieden", sagte Søvndal.

In die deutsche Diskussion um die Hinterlandanbindung des geplanten Fehmarntunnels und die Finanzierung wolle man sich aber nicht einmischen. Das war ungemein diplomatisch - denn darum gibt es Streit zwischen Schleswig-Holstein und dem Bund sowie den Anwohnern auf Fehmarn und in den Ostsee-Ferienbädern. Denn was nützt der schönste Tunnel, wenn, wie Albig flapsig sagte, die geplante zweispurige Bahntrasse und die vierspurige Strecke auf deutscher Seite "auf einem Parkplatz endet"? Nach einem Gespräch mit dem dänischen Parlamentspräsidenten Mogens Lykketoft sagte Albig, ohne einen vernünftigen Ausbau auf deutscher Seite mache man sich zur "europäischen Lachnummer".

Albig sagte in Kopenhagen auch: "Die dänische Regierung ist unser Partner in der Debatte mit der Bundesregierung." Heißt: Die Dänen sollen auch Druck ausüben, damit die neue Verbindung und das Zusammenwachsen zu einer europäischen Wirtschaftsregion nicht im Kleinklein deutscher Planung hängen bleiben. Die Dänen sind mehr als gewillt, das Projekt schnell und geräuscharm voranzutreiben.

Mit dem Kampfbegriff "Fehmarn 21" - in Anlehnung an das erst per Volksentscheid bestätigte Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 - wurde die Position der erbitterten Gegner in Albigs Heimat ja bereits vorgegeben. "Wenn es Erfolg haben soll, muss es zu Ende gedacht werden", sagte Albig nach dem Gespräch mit dem dänischen Außenminister. "Dabei geht es um mehr als Beton." In beiden Ländern müsse die Begeisterung für das Projekt und seinen enormen Nutzen geweckt werden. Albig erinnerte aber auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) an den Staatsvertrag mit Dänemark zum Tunnelbau: "Es geht darum, dass die Bundesregierung zu ihren Verpflichtungen steht." Die Kosten für eine neue Brücke zwischen Fehmarn und dem Festland könnten deutlich höher werden als geplant. Doch ohne sie ist die neue Querung nur ein Tunnel zu alten Verhältnissen. In Hamburg hatte sich Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) unlängst auch für die neue Fehmarnbelt-Querung ausgesprochen. Der Nutzen für Hafen und Logistik sei groß.

Mit zwei Minuten Verspätung war Albig im Schloss Amalienborg bei der dänischen Königin Margrethe II. eingetroffen. Dass sie ihn überhaupt empfing, war schon eine diplomatische Auszeichnung. Fotos und Videos waren nicht erlaubt, und das Motto der Privataudienz von knapp 30 Minuten hatte der Hof vorgegeben: "Keine Politik!"

Albig räumte ein, zwar nicht nervös, aber doch zurückhaltender gewesen zu sein, "als ich es sonst bin". Man habe über Kultur und moderne Musik gesprochen und dass Albig ja bereits Margrethes Sohn kennengelernt habe. Die 72 Jahre alte Monarchin, die in diesem Jahr ihr 40. Thronjubiläum feierte, entstammt dem Hause Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg. Dass erstmals die dänische Minderheit in einem deutschen Bundesland mitregiert, hat offensichtlich auch für Albig eine besondere Note. Das Hofprotokoll hat er nach eigenen Angaben peinlich genau eingehalten. "Ich stellte mich auf den Punkt, der mir zugewiesen wurde. Und als sie kam, verneigte ich mich."