Vor 20 Jahren kamen noch 170.000 Babys mehr zur Welt. Familienministerin setzt auf finanzielle Förderung der künstlichen Befruchtung.

Wiesbaden. Im europäischen Vergleich steht Deutschland bei den Geburtenzahlen weiter schlecht da: Am statistischen Wert der Kinder pro Frau hat sich im vergangenen Jahr kaum etwas verändert. Die Geburtenrate sank leicht auf 1,36 Babys pro Frau, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte. Für das Jahr 2010 hatten die Statistiker eine Rate von 1,39 Kindern errechnet. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) will Frauen bei künstlicher Befruchtung finanziell unter die Arme greifen und hofft dadurch wenigstens auf einen kleinen Babyboom.

Schon seit 1973 bewegt sich die Geburtenrate in Westdeutschland konstant zwischen 1,3 und 1,4 Kindern pro Frau. Auf diesem Niveau hat sich inzwischen auch der Wert für ostdeutsche Frauen eingependelt, nachdem er in den Jahren nach der Wende unter einem Kind pro Frau gelegen hatte. Im Vergleich mit anderen Ländern Europas hält Deutschland zwar noch nicht die rote Laterne. Doch Länder wie Frankreich, Irland oder Norwegen weisen mit Geburtenraten von etwa zwei Kindern pro Frau deutlich bessere Werte auf.

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 662.685 Babys geboren, ermittelten die Statistiker des Bundes aus Daten der Standesämter. Deutschland geht der Nachwuchs aus, denn noch vor 20 Jahren kamen fast 170.000 Kinder mehr zur Welt. Dies liegt vor allem daran, dass die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter in diesem Zeitraum um knapp eine Million schrumpfte.

Der langfristige Abwärtstrend wird auch beim Blick auf den Frauen-Jahrgang von 1962 deutlich: Damals wurden Frau im Schnitt Mutter von 1,61 Kindern, die Frauen von 1941 bekamen sogar noch 1,92 Kinder. Eine positive Nachricht kam jedoch am Mittwoch vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung. Das Institut ermittelte in einer Studie, dass der Geburtenrückgang bei Akademikerinnen gestoppt sei – gerade sehr gut ausgebildete Frauen entscheiden sich aber spät für Nachwuchs.

Ministerin Schröder will ungewollt kinderlosen Frauen helfen und rückt dafür das Thema künstliche Befruchtung in den Fokus. „Keine andere politische Maßnahme hat eine so unmittelbar positive Auswirkung auf die Geburtenrate“, sagte Schröder. Schlagartig sei die Zahl der Geburten um 9.000 Kinder gesunken, als im Jahr 2004 zwischenzeitlich die Unterstützung des Bundes für die Befruchtung gestrichen wurde.

Schröder sagte, sieben Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt seien definitiv im aktuellen Etat vorgesehen, um ungewollt kinderlose Paare zu unterstützen. Doch die CDU-Politikerin vermisst das Mitziehen aus den Ländern. Aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen gebe es mittlerweile die Zustimmung für weitere Unterstützung. Schröder kritisierte an die Adresse der 13 übrigen Länder: „Angesichts der relativ kleinen Beträge habe ich kein Verständnis, dass sich die restlichen Bundesländer bislang so stark zurückhalten.“