Nach den schweren Ausschreitungen auf einem kurdischen Kulturfest in Mannheim sollen die Ermittler das umfangreiche Videomaterial sichten.

Mannheim/Stuttgart. Eine Ermittlungsgruppe soll nach den schweren Ausschreitungen auf einem kurdischen Kulturfest in Mannheim die Geschehnisse aufklären. Derzeit werde mit Hochdruck daran gearbeitet, Tatverdächtige zu identifizieren, sagte ein Polizeisprecher. Dazu werde eine Ermittlungsgruppe gebildet, die das umfangreiche Videomaterial von den Angriffen sichten solle.

Die Polizei und das Innenministerium wiesen Vorwürfe entschieden zurück, die eingesetzten Beamten hätten die Ausschreitungen provoziert. Dafür gebe es keinerlei Anhaltspunkte, sagte ein Ministeriumssprecher. Die Ausschreitungen vom Wochenende werden in der kommenden Woche auch den baden-württembergischen Landtag beschäftigen.

Mehrere Tausend Gewalttäter hatten am Sonnabend rund 800 Polizisten mit Steinen und Flaschen in die Flucht geschlagen und 80 Beamte verletzt, zwei von ihnen schwer. Die beiden Schwerverletzten befinden sich nach Angaben der Polizei auf dem Weg der Besserung.

+++ Gewalttätige Kurden verletzen bei Kulturfest 80 Polizisten +++

Der Sprecher des Innenministeriums kündigte an, dass die Lehren aus den Ausschreitungen in Mannheim in die geplante Reform des Versammlungsrechts einfließen sollen. Denkbar seien unter anderem Auflagen für Veranstalter und bestimmte Anforderungen an das Sicherheitskonzept von Veranstaltungen, sagte er.

Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) sagte zu den schweren Ausschreitungen, sie erwarte, dass sich alle Minderheitengruppen strikt an Recht und Ordnung halten, auch die, die in ihren Herkunftsländern als unterdrückt gelten. Das deutsche Rechtssystem biete genügend Spielraum, Positionen gewaltfrei in die Öffentlichkeit zu tragen. Kein Verständnis habe sie dafür, dass 14-Jährige sich mit terroristischen Symbolen schmückten und gewalttätig würden gegen die Polizei.

Die CDU-Fraktion forderte Innenminister Reinhold Gall (SPD) auf, in der nächsten Sitzung des Innenausschusses einen umfassenden Bericht zu den Ausschreitungen vorzulegen. Die Umstände, die zu dem Gewaltausbruch geführt hätten, müssten aufgeklärt werden, erklärte der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Thomas Blenke. Angesichts der erschreckend hohen Zahl von 80 verletzten Polizisten könne der Innenausschuss nicht zur Tagesordnung übergehen.

Die Regierungsfraktionen wollen die Gewalttätigkeiten beim kurdischen Kulturfestival ebenfalls aufgeklärt wissen. Gemeinsam mit der SPD habe seine Fraktion beantragt, dass Gall den Innenausschuss umfassend unterrichtet, sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Uli Sckerl.

+++ Krawalle in Mannheim: 80 Polizisten verletzt +++

Die Polizei vermutet, dass zur Eskalation der Gewalt ein Gerücht beigetragen hat, wonach die Polizei bei einem kurdischen Jugendmarsch nach Mannheim einen Teilnehmer misshandelt habe. Zwar sei der Jugendliche von einem Arzt untersucht worden, der nur einen leicht angeschwollenen Fuß diagnostiziert habe, sagte der Sprecher. Dennoch habe sich das Gerücht hartnäckig gehalten und sei vermutlich ein Grund gewesen, dass die Polizei auf dem Kulturfest in Mannheim so feindlich aufgenommen worden sei.

Als ein 14-Jähriger mit einer verbotenen Fahne das Festgelände betreten wollte und die Polizei deswegen von einem privaten Sicherheitsdienst des Veranstalters um Hilfe gerufen wurde, hätten Besucher dies offenbar als Provokation gewertet und mit „explosionsartiger Gewalt“ reagiert. Die Polizisten musste sich daraufhin zeitweise zurückziehen. Der Landesverband der Gewerkschaft der Polizei (GdP) lobte dies am Montag als eine „fürsorgliche Entscheidung, die auch die Beamten vor weiteren Verletzungen schützte und taktisch klug war.“