Schröders “Neue Mitte“ hat programmatisch ausgedient. Dafür ist die Vision des Sozialismus wieder da.

Berlin. Am Wochenende hat SPD-Chef Kurt Beck die Früchte der achtjährigen Arbeit der SPD-Programmkommission präsentiert: die Empfehlungen zum "Bremer Entwurf". Die deutsche Sozialdemokratie will nach dem vorliegenden 36-seitigen Papier wieder deutlich sozialer werden. "Die SPD ist die linke Volkspartei und will für eine solidarische Mehrheit in Deutschland eintreten", sagte Beck im Willy-Brandt-Haus. Auf dem Bundesparteitag, der vom 26. bis zum 28. Oktober in Hamburg stattfinden wird, soll das neue SPD-Programm, das "Hamburger Programm", verabschiedet werden. Es löst das "Berliner Programm" von 1989 ab, das als ökologisch und postmaterialistisch orientiert galt. Hier die wichtigsten Schlagworte aus dem Programmentwurf:

  • "Demokratischer Sozialismus"

Die SPD hält an diesem nicht unumstrittenen Begriff weiter fest - obwohl manche in der Zwischenzeit damit geliebäugelt hatten, ihn zu streichen und nicht in ein neues Grundsatzprogramm zu übernehmen. "Der demokratische Sozialismus bleibt für uns die Vision einer freien, gerechten und solidarischen Gesellschaft . . .", heißt es nun. Das Ende des Staatssozialismus sowjetischer Prägung habe die Idee des demokratischen Sozialismus nicht widerlegt, sondern die Orientierung der Sozialdemokratie an Grundwerten eindrucksvoll bestätigt, so die Verfasser weiter. Dann aber wird das Ganze doch wieder abgeschwächt, indem die "Soziale Demokratie" zum Prinzip allen SPD-Handelns erklärt wird.

  • "Vorsorgender Sozialstaat"

Der Begriff selbst entstand in den frühen 90er-Jahren, sozialdemokratische Vordenker wie der dänische Soziologe Gæsta Esping-Andersen und der Brite Anthony Giddens bereiteten ihm den Weg. In Deutschland wurde er einige Jahre später mit dem Konzept des "Förderns und Forderns" im Zusammenhang mit Hartz IV bekannt. Der Aspekt des "Forderns", der den Parteilinken ein Dorn im Auge war, tritt im neuen Programmentwurf in den Hintergrund. Zwar heißt es: "Jeder Mensch trägt Verantwortung für sein Leben. Niemand kann oder soll sie ihm abnehmen." Gleichzeitig aber wird dem Staat deutlich mehr Verantwortung aufgeladen. "Die SPD steht für eine leistungsfähige und bürgerorientierte Daseinsvorsorge in öffentlicher Verantwortung ein."

  • "Die solidarische Mehrheit"

Die "solidarische Mehrheit" ist nicht zu vergleichen mit der "neuen Mitte" von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, die Leistung über universelles Sicherheitsstreben stellen sollte. "Wir wissen: Millionen von Menschen aus der gesamten Gesellschaft teilen unsere Werte und unsere Ziele", heißt es. Die Ziele sind dabei eine solidarische, sozial ausgewogene Politik. "Diese solidarische Mehrheit wollen wir für sozialdemokratische Politik gewinnen." Das zieht unter anderem die Forderung nach sich, unternehmerische Freiheit und soziale Verantwortung sollten zwei Seiten derselben Medaille sein.

Und: Weil die Schere zwischen Einkünften aus Erwerbseinkommen und Kapitalrenditen auseinandergehe, fordert die SPD zusätzlich mehr Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand. Gerecht sei eine der Leistung angemessene Verteilung von Einkommen und Vermögen, heißt es weiter. Und auch: "Eigentum verpflichtet: Wer überdurchschnittlich verdient, mehr Vermögen besitzt als andere, muss auch mehr zum Wohl der Gesellschaft beitragen."

  • Umgang mit dem Kapitalismus/Globalisierung

"Kapital muss der Wertschöpfung und dem Wohlstand dienen", heißt es unmissverständlich im Programmentwurf. Die SPD will die Menschen vor den negativen Auswirkungen der Globalisierung schützen.

  • "Gute Arbeit"

Gute Arbeit ist laut der SPD menschenwürdig, wird gerecht entlohnt, bietet Anerkennung und Qualifikation und ist mit Familie vereinbar. Die SPD hält am Ziel der Vollbeschäftigung fest und will weiterhin für existenzsichernde Mindestlöhne eintreten.