Hans-Werner Wargel fordert nach der Affäre um die Ermittlungen in der rechtsextremen Terrorszene Reformen in der Behördenarbeit.

Hannover. Niedersachsens Verfassungsschutzpräsident Hans-Werner Wargel hat nach der Affäre um die Ermittlungen in der rechtsextremen Terrorszene Reformen in der Behördenarbeit verlangt. Auch Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) forderte in einem Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ eine Reform.

„Ich glaube, insgesamt müssen wir noch stärker die Philosophie des Verfasssungsschutzes ändern dahingehend, dass wir unmittelbar an der Gefahrenabwehr mitwirken“, sagte Wargel der Nachrichtenagentur dpa in Hannover. „Ich sehe Änderungsbedarf, und das kann man jetzt schon sagen, in der Form der Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund und der Länder untereinander und in der Zusammenarbeit des Verfassungsschutzverbundes mit der Polizei.“

Innenminister Schünemann verlangte einen „Philosophie-Wechsel“, damit wichtige Informationen zur Aufklärung von Straftaten nicht nur im Panzerschrank landeten. „Dafür ist es notwendig, dass der Verfassungsschutz stärker als bisher an der konkreten Gefahrenabwehr und Strafverfolgung mitwirkt“, sagte er der Zeitung (Mittwoch). Die Aktenvernichtung müsse zudem lückenlos aufgeklärt werden.

„Nach all dem, was der Untersuchungsausschuss bisher festgestellt hat und auch die parlamentarische Kontrollkommission in Sachsen kürzlich veröffentlicht hat, kann man sagen, dass es hier Defizite gegeben hat und dass wir hier nach wie vor Veränderungsbedarf haben“, sagte Wargel. Hauptgrund sei aber nicht die Affäre um vernichtete Akten zu V-Leuten, die am Montag zum Rückzug des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, geführt hatte. Er würdigte Fromm als integeren und respektierten Behördenchef. Nach Fromm räumte am Dienstag auch Thüringens Verfassungsschutz-Chef Thomas Sippel wegen der Affäre um die Neonazi-Terrorzelle sein Amt.

Auch bei einer intensiveren Zusammenarbeit mit der Polizei müssten beide Behörden ihre unterschiedlichen Aufgaben wahren, sagte der niedersächsische Verfassungsschutzchef. „Wir dürfen der Polizei nicht alle Informationen geben, und die Polizei darf uns nicht alle Informationen geben, das ist gesetzlich festgelegt“, sagte Wargel. Dieses Trennungsgebot werde heute aber anders bewertet als früher, und beide Behörden sähen sich der Kritik einer mangelnden Zusammenarbeit ausgesetzt. „Wir können nicht einfach alle Informationen in eine Datei geben und die dann zusammen nutzen, man muss Schnittmengen finden.“

„Schwer ist es natürlich, eine solche Zusammenarbeit so zu organisieren, dass möglichst alle relevanten Informationen dahinkommen, wo sie hingehören“, sagte Wargel. „Das ist natürlich eine tägliche Goliathaufgabe, wo niemand die Hand dafür ins Feuer legen kann, dass das immer zu 100 Prozent richtig und zum richtigen Zeitpunkt funktioniert, aber es muss natürlich das ständige Bemühen sein.“

(dpa)