Personalquerelen, schlechte Umfragewerte und nun der stärkste Mitgliederrückgang seit 15 Jahren. Die FDP steckt in einer tiefen Krise.

Berlin/Frankfurt am Main. Personalquerelen, schlechte Umfragewerte und jetzt das: Der FDP laufen massiv die Mitglieder weg. Tausende Liberale haben die Partei 2011 verlassen, sagte ein Sprecher der FDP am Donnerstag in Berlin und bestätigte damit einen Bericht der „Frankfurter Rundschau“. Ihre Zahl sank um mehr als 5000 auf 63.416. Damit erleben die Liberalen mit einem Minus von 7,5 Prozent den stärksten Mitgliederschwund seit 15 Jahren. Damit setzt sich in der FDP ein Abwärtstrend fort, der schon nach der Bundestagswahl 2009 einsetze: Ende 2010 hatten die Liberalen 68.541 Mitglieder, Ende 2009 waren es noch 72.116.

+++Leitartikel: FDP in der Zwickmühle+++

Bestimmte Ereignisse wie etwa der Euro-Mitgliederentscheid hätten aber nicht zu einem sprunghaften Anstieg der Austritte geführt, betonte der Sprecher. Vielmehr sei die Mitgliederzahl in den vergangenen zwölf Monaten kontinuierlich gesunken. Die FDP hatte 2011 wiederholt mit innerparteilichen Streitigkeiten, Rücktritten und Wahlniederlagen zu kämpfen. Der Berliner Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer sagte der Zeitung, in beiden Fällen handele es sich um sehr deutliche Ausschläge. „Die sind am oberen Rand dessen, was man normalerweise sieht.“ Während die FDP die Quittung für ihre magere Regierungsbilanz erhalte, hätten die Grünen offenbar stark von der Berichterstattung über die Atomkatastrophe von Fukushima profitiert.

Die Grünen dagegen verbuchten dem Bericht zufolge einen neuen Rekordwert mit einem Zuwachs von 11,3 Prozent. 6000 Anhänger kamen dazu. Die Zahl der Mitglieder liegt nun bei 58.959, wie eine Sprecherin mitteilte. „Der Zuwachs zeigt, wie wichtig grüne Themen geworden sind“, fügte die politische Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Steffi Lemke, hinzu. „Aus unserer Befragung wissen wir, dass sich die Neumitglieder für ökologische und soziale Politik einsetzen wollen.“ Für die Grünen geht es seit 2009 stetig bergauf: Vor zwei Jahren waren 48.089 Mitglieder registriert, 2010 waren es 52.670. Die Grünen sowie die FDP hatten ihre Mitgliederzahlen zum Stichtag 20. Dezember ermittelt.

Als „nicht überraschend“ bezeichnete Niedermayer den anhaltenden Schrumpfungsprozess der Volksparteien. CDU und SPD zählen demnach erstmals weniger als eine halbe Million Mitglieder. Während die CDU vom Jahresanfang bis Ende Oktober rund 2,3 Prozent ihrer Mitglieder verlor und nun bei 493.846 liegt, konnte die SPD den Minustrend etwas verlangsamen und hat mit einem Minus von 1,7 Prozent jetzt noch 493.664 Mitglieder. „Bei der CDU schlagen sich die Turbulenzen der Regierung nieder“, sagte Niedermayer: „Die SPD hat sich wieder gefangen. Das sieht man auch in den Umfragen.“ Die Mitgliederzahlen von CDU und SPD sind bereits seit den späten 1970er Jahren rückläufig. Allerdings kommt es bei beiden – anders als etwa bei der FDP – nicht zu massiven Austritten. Vielmehr liegt die Zahl der Todesfälle regelmäßig über den der Neueintritte.

Ungebremst ist der personelle Abwärtstrend bei der Linkspartei. Sie verlor knapp 4000 Anhänger (minus 5,2 Prozent). Es sei davon auszugehen, dass die Partei derzeit „rund 70.000 Mitglieder“ umfasst, sagte ein Sprecher. Genaue Zahlen wollte er nicht nennen. 2010 war die Linke bereits um 5,6 Prozent auf 73.658 Mitglieder gefallen. Im Jahr der Bundestagswahl 2009 waren es noch 78.046 Mitglieder.

MIt Material von dpa/dapd