Olaf Glaeseker war über Jahre der Sprecher Christian Wulffs. Jetzt hat ihn der Bundespräsident entlassen. Noch heute gibt Wulff eine Erklärung ab.

Hannover/Berlin. Der Sprecher des Bundespräsidenten Christian Wulff, Olaf Glaeseker, ist von seinen dienstlichen Aufgaben entbunden worden. Diese Entscheidung hat der Chef des Bundespräsidialamtes, Lothar Hagebölling, getroffen, teilte das Amt am Donnerstag in Berlin mit. Die Aufgaben des Sprechers werden demnach ab sofort kommissarisch von Petra Diroll wahrgenommen. Wulff kündigte indes an, er werde heute gegen 15.30 Uhr in seinem Amtssitz eine Erklärung abgeben.

Der Bundespräsident muss keine juristischen Konsequenzen in Hannover wegen eines umstrittenen Hauskredites fürchten. In den vergangenen Tagen waren bei der Staatsanwaltschaft neun Anzeigen gegen Wulff mit dem Vorwurf der Korruption eingegangen. Die Staatsanwaltschaft Hannover gab am Donnerstag bekannt, sie nehme jedoch keine Ermittlungen gegen Wulff auf. „Anhaltspunkte für das Erkaufen eines dienstlichen Wohlwollens", die über bloße Vermutungen hinausgingen, seien nicht erkennbar, teilte ein Behördensprecher am Donnerstag mit. „Die Staatsanwaltschaft ist deshalb an der Aufnahme von Ermittlungen gehindert.“ Die Beziehungen zu den befreundeten Unternehmern und die von ihnen gewährten Vergünstigungen ließen „das Geschehen insgesamt als plausibel und strafprozessual unverdächtig erscheinen“, so die Staatsanwaltschaft. Doch nun kommt auch aus der FDP scharfe Kritik an der Aufklärungspraxis des Bundespräsidenten.

„Ich bin zumindest positiv überrascht, dass er wenigstens die Weihnachtsansprache nicht auch noch von Anwälten hat verlesen lassen“, sagte der bayerische FDP-Bundestagsabgeordnete Erwin Lotter am Donnerstag. Lotter hatte am Wochenende als bisher einziger Politiker der schwarz-gelben Koalition den Rücktritt des Staatsoberhaupts gefordert und diesen Schritt als Gebot des Anstands bezeichnet. Aufgrund der Ereignisse der vergangenen Tage fühle er sich in dieser Haltung bestätigt, sagte Lotter.

Der Druck auf den Bundespräsidenten war am Mittwoch gewachsen: So ließ Wulff über seinen Anwalt bestätigen, dass der Geschäftsmann Egon Geerkens an den Gesprächen über das Darlehen seiner Frau an Wulff beteiligt war. Gleichzeitig erhielt der Bundespräsident demonstrativ Unterstützung von Verteidigungsminister Thomas de Maiziere und den CSU-Politikerinnen Ilse Aigner und Gerda Hasselfeldt.

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Opposition macht Druck

SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte der "Neuen Passauer Presse" gesagt, er wünsche sich eine persönliche Stellungnahme von Bundespräsident Christian Wulff zu dessen Privatkredit und den engen Kontakten zu befreundeten Unternehmern. „Ich gehe davon aus, dass der Bundespräsident alle offenen Fragen persönlich beantwortet“, sagte Gabriel der „Passauer Neuen Presse“. Die Grünen warfen Wulff vor, die Öffentlichkeit auf Distanz zu halten, und forderten ebenfalls persönliche und umfassende Antworten des Bundespräsidenten.

Es sei ein merkwürdiger Vorgang, wenn ein Bundespräsident die Fragen, die es in der Bevölkerung zu Recht gebe, nur noch von seinen Anwälten beantworten lasse, sagte die Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Steffi Lemke, der Zeitung „Die Welt“. „Mehr Distanz zwischen Staatsoberhaupt und Öffentlichkeit gab es lange nicht.“ „Wenn Christian Wulff nicht als Salami-Präsident in die Geschichte eingehen will, muss er endlich Antworten geben. Persönlich und umfassend“, forderte sie.

„Dass nicht er, sondern seine Anwälte kommunizieren, halte ich für unglücklich“, erklärte auch SPD-Chef Gabriel. Allerdings sei es allein Sache des Bundespräsidenten, wie er mit den Vorwürfen umgeht. „Niemand kann ihm da einen Ratschlag geben, schon gar nicht die Opposition. Ich fürchte allerdings, dass die Affäre dazu beiträgt, dass die Menschen immer weniger Vertrauen in Politik haben. Der Titel seines Buches wäre auch jetzt die richtige Leitlinie: „Besser die Wahrheit“.“

Die Antikorruptions-Organisation Transparency International forderte Wulff auf, noch vor seiner Weihnachtsansprache mit einer öffentlichen Erklärung reinen Tisch zu machen. Eine Weihnachtsansprache Wulffs zum Zusammenhalt in der Gesellschaft sei „peinlich hoch drei“, solange die gegen ihn erhobenen Vorwürfe im Raum stünden, sagte die Vorsitzende der Organisation, Edda Müller, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag).

Eine Erklärung biete für Wulff die Chance, neues Vertrauen und Respekt bei den Bürgern zu gewinnen. Bisher verschanze er sich hinter Anwaltsbüros und juristischen Spitzfindigkeiten, kritisierte Müller.

„Niemand kann sich wünschen, dass innerhalb von zwei Jahren der zweite Bundespräsident zurücktritt“, sagte Gabriel weiter. „Damit würde das Vertrauen in die demokratischen Institutionen schwer beschädigt. Umso wichtiger ist jetzt Aufklärung.“

Mit Material von rtr/dpa