Pannen bei der Fahndung nach der Neonazi-Terrorzelle aus Zwickau. Eine zentrale Neonazi-Datei soll Abhilfe schaffen, ist aber umstritten.

Berlin. SPD und Union dringen auf den raschen Aufbau einer Verbunddatei über gewaltbereite Rechtsextremisten. Politiker beider Parteien forderten Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) in der "Mitteldeutschen Zeitung“ (Freitag) auf, ihre Bedenken gegen das Vorhaben abzulegen. Über das Thema beraten heute auch die Innenminister von Bund und Ländern auf ihrer Konferenz in Wiesbaden. Unterdessen berichtet die "Süddeutsche Zeitung“ ("SZ“/Freitag), dass die Zwickauer Terrorzelle auch von rechtsradikalen Gesinnungsgenossen im Westen Unterstützung erhalten haben soll.

Der Ermittlungseinheit "Trio“, die zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge aufklären soll, liegt einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung“ zufolge die Zeugenaussage eines Rechtsradikalen vor, der in einem Fall mit Kameraden aus dem Westen Örtlichkeiten für einen Mord ausspioniert haben will. Er sei aber, bevor das Anschlagziel festgelegt worden sei, abgesprungen. Kurz darauf sei ein türkischer Kleinunternehmer von den Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos erschossen worden.

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Nach Darstellung des Zeugen ist das Trio aus dem Osten bei der harten rechtsextremistischen Szene im Westen bekanntgewesen. Man habe gewusst, dass die Killer hinter den Morden an acht türkischstämmigen und einem griechischen Kleinunternehmer steckten.

Laut "SZ“ ist der Zeuge der bislang einzige Rechtsradikale, der sich im Rahmen der seit vergangener Woche laufenden Öffentlichkeitsfahndung bei den Behörden gemeldet und wesentliche Angaben gemacht hat. Er selbst sei aber nicht zu belangen, da seine Taten verjährt seien.

Angesichts der in den vergangenen Wochen bei den Ermittlungen zu dem Neonazi-Trio bekanntgewordenen Pannen bei Zusammenarbeit und Informationsaustausch der Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern nimmt der Druck auf Leutheusser-Schnarrenberger zu, einer Neonazi-Verbunddatei zuzustimmen.

"Die Bundesjustizministerin ist gut beraten, den Ernst der Lage zu erkennen und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen“, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), der "Mitteldeutschen Zeitung“. "Denn wir haben ein Defizit in unserer föderalen Sicherheitsarchitektur. Und dieses Defizit muss durch eine Verbunddatei überwunden werden, damit die Gefährlichkeit von Rechtsextremisten bei allen zuständigen Sicherheitsbehörden ankommt.“

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, bot Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) "sofortige Gespräche an – in Sachen Verbunddatei und auch bei anderen Themen“. Wenn die Union das Vorhaben nicht mit ihrem Koalitionspartner FDP umsetzen könne, dann eben mit der SPD. Die erste Lesung des entsprechenden Gesetzes könne noch vor Weihnachten stattfinden.

Friedrich möchte als Konsequenz aus der Neonazi-Mordserie eine Verbunddatei, in der die Informationen aller Sicherheitsbehörden zu gewaltbereiten Rechtsextremisten zusammengefasst werden. Leutheusser-Schnarrenberger will die Speicherung von Daten enger fassen und auf gewalttätige Extremisten beschränken.

Das Thema wird am Freitag auch die Innenminister von Bund und Ländern beschäftigen. Außederdem geht es bei der Konferenz in Wiesbaden um das geplante gemeinsame Terrorabwehrzentrum Rechts. Auf einen NPD-Verbotsantrag hatte sich die Konferenz am Donnerstag nicht einigen können.