Zögerliche Entschuldigung der Regierung für Ermittlungspannen. Neues NPD-Verbot wurde vertagt

Berlin. Und dann sind es doch nicht die beiden Bundesminister, die in Berlin die Strategie gegen den rechten Terror erklären, sondern der hessische Innenminister Boris Rhein (CDU), der zuerst jene Worte sagt, auf die so viele Bürger seit einer Woche warten: Es sei das Mindeste, was man den Hinterbliebenen der Opfer des rechtsextremen Terrors schulde, "dass wir deutlich machen, dass wir uns zu entschuldigen haben", so Rhein. Dafür, dass es noch nicht gelungen sei, die rechtsextreme Mordserie aufzuklären. Und dafür, dass viele Angehörige falschen Verdächtigungen ausgesetzt gewesen seien, selbst in kriminelle Machenschaften verstrickt zu sein. Ob Rhein damit auch für die Bundesregierung spreche, will ein Journalist wissen. Nein, er könne nur für sein Bundesland sprechen, stellt Rhein klar, er sei ja nicht der Sprecher der Bundesregierung.

Deren Mitglieder fällt es bei der Pressekonferenz nach dem Gipfeltreffen von Bund und Ländern zum neuen Rechtsterrorismus in Deutschland deutlich schwerer, eine Entschuldigung zu formulieren. Erst nach einer weiteren Nachfrage unternehmen Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) einen Versuch. "Das tut uns alles sehr leid", sagt Friedrich. Er entschuldige sich "für all jene, die einen Fehler gemacht haben". Leutheusser-Schnarrenberger verspricht zu prüfen, wie die Hinterbliebenen finanziell entschädigt werden könnten.

Leichter fällt es beiden, erste Ergebnisse des Gipfeltreffens zu verkünden: Geplant ist nun die Einrichtung eines "Abwehrzentrums Rechts", an dem sich zunächst das Bundesamt für Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt (BKA) beteiligen sollen. Noch besprochen werde, inwieweit die Polizei- und Verfassungsschutzbehörden der Länder und die Bundesanwaltschaft dabei mitarbeiten sollten, sagt Friedrich. Weiterhin haben sich Innen- und Justizminister auf eine Sammeldatei für sämtliche Ermittlungsergebnisse verschiedener Behörden geeinigt. Ob es einen weiteren Versuch für ein NPD-Verbot geben soll, werde eine Arbeitsgruppe prüfen.

Die Schritte fallen angesichts der vielen Unklarheiten klein aus. Das Ausmaß der Unterstützung für die Neonazi-Terroristen ist den Behörden weiterhin ein Rätsel. "Das kann auf ein Netzwerk hinauslaufen", sagt BKA-Präsident Jörg Ziercke. Laut Generalbundesanwalt Harald Range sind jetzt zusätzlich zu den beiden bereits in Untersuchungshaft sitzenden Verdächtigen Holger G. und Beate Z. zwei weitere Beschuldigte im Visier der Ermittler. Schleswig-Holsteins Innenminister Klaus Schlie (CDU) sagte im Kieler Landtag, im Jahr 2003 habe sich nach Erkenntnissen der Polizei eine Person aus dem Umfeld der mutmaßlichen Neonazi-Mörder bei einem rechtsextremistischen Konzert in Schleswig-Holstein aufgehalten. Direkte Kontakte der aus Thüringen stammenden Täter zum Norden seien noch nicht bekannt. Auch von Beate Z. ist derzeit keine Aufklärung zu erwarten: Sie will bis auf Weiteres nicht aussagen, teilte ihr Anwalt mit.

Für Aufregung sorgte die Nachricht, dass eine geplante Festnahme des Neonazi-Trios aus Beate Z., Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt laut MDR Ende der 90er-Jahre in letzter Minute gestoppt wurde. Fahnder hätten die drei Verdächtigen zwischen 1998 und 1999 in Chemnitz aufgespürt. Ein Spezialeinsatzkommando sei kurz vor dem Aufbruch zurückgehalten worden. Doch das Landeskriminalamt dementierte.