Jüdische und arabische Studenten besuchen Hamburg. Mit dem Abendblatt sprechen sie über Iran, die Sorge vor Krieg und wie Witze helfen.

Hamburg. Abseits der Debatten in der Knesset, abseits der Schlagzeilen und Fernsehberichte über eine atomare Bedrohung Israels durch den Iran hört man die Witze. Den Humor und die Ironie, die Menschen im Alltag genauso viel Schutz bieten können vor der Kriegsangst wie ein Panzer. "In Israel ist jeder verpflichtet, einen Schutzraum in der Wohnung zu haben gegen die Raketenangriffe", erzählt Hadas Lavi. "Bei uns verstauen wir da Klamotten und Kartons. Und meine Mutter meinte neulich zu mir: Räum hier mal auf - vielleicht brauchen wir den Raum bald."

Sie sitzen an einem Tisch und lachen, Lavi und die anderen sechs Studenten der Universität Haifa, die gerade in Hamburg zu Besuch sind. Es sind arabische und jüdische Israelis. In einer gemeinsamen Delegation nehmen sie an der HamMUN 2011 teil. Für ein paar Tage spielen sie Konferenzen der Vereinten Nationen nach, ein Rollenspiel der hohen Diplomatie. Die 24-jährige Hadas Lavi wird Japan vertreten, die 24 Jahre alte Rina Dorfman Deutschland. 2010 debattierten mehr als 300 Studenten in den simulierten Räten, Gremien, Gerichtshöfen und Vollversammlungen der HamMUN.

Dania Masarwa ist palästinensische Araberin aus Israel. So nennt sie sich selbst. 22 Jahre alt ist sie, studiert Konfliktmanagement - und spielt in diesen Tagen die Vertreterin des Iran auf einem Treffen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA). Masarwa hat Zeitungen gelesen, die Blogs im Internet, auch Studien über den Atomstreit Israels mit der Islamischen Republik. Der Iran nutze die Atomkraft doch nur friedlich, der Report der Atombehörde sei mit Vorurteilen behaftet, wird sie als Vertreterin des Iran sagen. Masarwa hat sich die Argumente für ihre Rolle als Gesandte Mahmud Ahmadinedschads gut zurechtgelegt. Als Dania Masarwa sagt sie: "Es geht dem Iran um Macht, so wie es vielen Staaten um das Streben nach Macht geht. Sobald der Iran Atomwaffen hat, verschiebt sich das Machtgefüge im Nahen Osten. So viel ist klar."

Schon beim ersten gemeinsamen Frühstück der Delegation in Hamburg kam das Thema Iran auf. Natürlich tauche nicht gleich nach dem Aufwachen bei jedem von ihnen ein Bild von Ahmadinedschad auf, sagt der 24 Jahre alte Alon Sasson, der Wirtschaft und Politikwissenschaft in Haifa studiert. "Auch Israelis fragen sich am Morgen erst mal, ob noch genug Kaffee im Haus ist." Aber in den vergangenen Monaten spürten auch sie die Anspannung. "Der Umgang mit dem Iran ist die wichtigste politische Entscheidung in der Geschichte unseres Landes", sagt der 27 Jahre alte Sefi Shalam, der Politikwissenschaft und Geschichte studiert.

+++ Info: Hamburger fördern die Universität Haifa +++

Eines sei sicher, sagt Asya Bongard, 24, die 1990 mit ihrer Familie aus der Ukraine nach Israel kam: "Die israelische Regierung wird nicht im Alleingang ohne die anderen demokratischen Staaten des Westens handeln." Aber der Konflikt mit dem Iran sei nicht nur ein Problem der Menschen in Israel. "Der Iran ist auch eine Gefahr für Europa", sagt die Politikstudentin. Genauso wenig hätten Russland und China Interesse an einer Eskalation. Juden und Araber gehen in Israel auf getrennte Schulen, erst an der Universität sitzen sie gemeinsam in Seminarräumen. Wer mit den jungen Menschen der Delegation spricht, hört wenig über die Konflikte zwischen Juden und Arabern in Israel und viel über die gemeinsame Sorge vor einem Krieg mit dem Iran, egal, ob arabischer oder jüdischer Student. Die Bomben unterscheiden nicht nach Religion oder Ethnie, sagen sie.

Und sie sagen, dass sie als Bürger Israels eine besondere Last auf ihren Schultern tragen würden. Die Last der einzigen echten Demokratie im Nahen Osten, egal, ob im Konflikt mit dem Iran, Palästina, dem Libanon oder Staaten wie Ägypten und Syrien. Die Menschen in Israel würden merken, dass der Arabische Frühling zwar die Diktatoren vertrieben hat, und auch die jungen Israelis zeigen Solidarität mit den Menschen in Tunesien und Ägypten. Doch nach der Arabellion sei die Instabilität in der Region geblieben.

Noch bis Montag sind die Studenten zu Gast in Hamburg, im stabilen Deutschland, von dem sie sagen, dass es wie kaum ein anderes Land die Verbrechen der Vergangenheit aufgearbeitet hat. An vielen Ecke würden sie die Mahnmale an den Holocaust bemerken, sagt Sefi Shalam. Seinen Eltern, erzählt er, habe er am Tag der Abreise noch gesagt: Wenn es knallt zwischen uns und dem Iran, dann bitte jetzt, wenn er in Deutschland ist. Die Gruppe lacht.