US-Verteidigungsminister Panetta sieht Militärschlag gegen Teheran als letzten Ausweg. Bomben würden Atomprogramm nur verzögern.

Washington/Teheran. US-Verteidigungsminister Leon Panetta hat vor den "unbeabsichtigten Konsequenzen“ eines Angriffs auf die iranischen Atomanlagen gewarnt. Panetta sagte am Donnerstag vor Journalisten in Washington, ein militärisches Vorgehen könne gravierende Auswirkungen auf die Region und auf die in dem Gebiet stationierten US-Soldaten haben. Eine Bombardierung der iranischen Atomanlagen verzögerte das Nuklearprogramm Teherans höchstens um drei Jahre, meinte Panetta. Allerdings schloss er einen Militäreinsatz nicht aus. Ein militärisches Vorgehen gegen Teheran sollte aber nur der letzte Ausweg sein.

Der Pentagonchef forderte einen stärkeren wirtschaftlichen und diplomatischen Druck auf den Iran. Die USA diskutierten mit ihren Verbündeten wegen des jüngsten Iran-Berichts der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zusätzliche Sanktionen. "Es ist für uns wichtig sicherzustellen, dass wir die härtesten Sanktionen - wirtschaftlicher und diplomatischer Druck - gegen den Iran anwenden, um sein Verhalten zu ändern“, sagte Panetta. Immer wieder hätten die USA klargemacht, dass es für sie "unannehmbar“ sei, dass der Iran Atomwaffen entwickle.

+++ Atompläne: Iran gibt keinen Millimeter nach +++

Die USA führten Gespräche mit ihren Verbündeten, in denen es um zusätzliche Strafmaßnahmen gehe, fügte Panetta hinzu. EU-Diplomaten hatten am Donnerstag gesagt, die Europäische Union können binnen weniger Wochen neue Sanktionen gegen den Iran erlassen.

Der Iran drohte dem Westen im Falle eines Angriffs mit Vergeltungsschlägen. Mit "voller Kraft“ und "eiserner Faust“ werde sich sein Land verteidigen, kündigte Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei am Donnerstag in einer vom Staatsfernsehen übertragenen Rede an.

Die IAEA in Wien hatte am Dienstag einen alarmierenden Bericht veröffentlicht. Darin dokumentieren die Atomwächter deutliche Hinweise auf ein geheimes Atomwaffenprogramm. Demnach hat der Iran unter anderem Sprengkapseln getestet, die für eine Atombombe geeignet wären. Außerdem seien Raketen für Atomsprengsätze vorbereitet worden. Die IAEA schloss auch nicht aus, dass diese Arbeiten noch anhielten. Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hatte den Bericht am Mittwoch als absurd zurückgewiesen. In Israel wurde angesichts der IAEA-Anschuldigungen öffentlich über einen Angriff auf die iranischen Atomanlagen diskutiert. Die Regierung hat diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen. Alle Optionen seien auf dem Tisch, erklärte sie.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ist zutiefst besorgt über den IAEA-Bericht. Der Iran müsse nun beweisen, dass sein Atomprogramm nur friedlichen Zwecken diene, sagte sein Sprecher Martin Nesirky am Donnerstag. Ban halte dennoch an seiner Auffassung fest, dass Verhandlungen und nicht ein Militärschlag der einzige Weg zur Lösung des Konflikts seien, sagte Nesirky.

Während Israel, die USA, Frankreich und Deutschland als Konsequenz aus dem Bericht schärfere Strafmaßnahmen forderten, lehnte die UN-Veto-Macht China am Donnerstag neue Sanktionen ab. "Wir glauben wie bisher, dass Dialog und Zusammenarbeit die einzigen zielführenden Wege sind, um die Frage des iranischen Atomprogramms richtig zu lösen. Druck und Sanktionen können den Kern des Problems nicht lösen“, sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums Hong Lei am Donnerstag. Zuvor hatte sich Russland ebenfalls gegen weitere Strafen ausgesprochen.

Israel debattiert schon länger über einen Militärschlag gegen den Iran, um den Bau einer Atombombe zu verhindern. Mit seinen Schahab-3-Raketen könne das iranische Militär jeden Punkt in Israel erreichen, heißt es in Teheran. Die Raketen sollen eine Reichweite von 2000 Kilometern haben.

Nachfolgend eine Übersicht über Irans bekannteste Nuklearanlagen:

Natans: In der unterirdischen Fabrik südöstlich von Teheran wird schwach angereichertes Uran produziert. Es wird für die Stromgewinnung, aber in hoch angereicherter Form auch für Atomwaffen benötigt. Für den Bau einer Atombombe müsste Uran auf 80 Prozent und mehr angereichert werden. GHOM: 2009 gab Teheran die Existenz einer weiteren, lange geheim gehaltenen Anreicherungsanlage südlich von Teheran zu, die noch nicht in Betrieb ist. Die Fabrik in einem Tunnelsystem auf einem früheren Militärgelände nahe der Schiiten-Hochburg Ghom bietet Platz für 3000 Zentrifugen zur Urananreicherung.

Buschehr: Nach der islamischen Revolution von 1979 zog sich die deutsche Kraftwerk Union (KWU) aus dem Projekt zurück. Später stiegen die Russen in Buschehr ein. In den beiden Atomreaktoren im Südwesten des Landes wurden im Oktober 2010 die ersten aus Russland gelieferten Brennelemente geladen – 35 Jahre nach Baubeginn. Im September 2011 ging Irans erstes Atomkraftwerk offiziell in Betrieb.

Isfahan: Im Zentrum der iranischen Kernforschung gibt es eine Anlage zur Produktion von Kernbrennstäben. Auch das in Zentrifugen zur Urananreicherung benötigte Hexafluoridgas wird südlich von Teheran hergestellt. ARAK: Den USA ist seit 2002 die Existenz des unfertigen Schwerwasserreaktors im Westen des Landes bekannt. Hier fällt Plutonium an, das für die Bombenproduktion verwendet werden könnte.

Teheran: Der kleine Leichtwasserreaktor in der Hauptstadt wurde noch zu Zeiten des 1979 gestürzten Schahs mit US-Hilfe gebaut. Er soll Material für medizinische Zwecke produzieren. Dazu benötigt er angereichertes Uran.

Karadsch: Seit den 1990er Jahren arbeitet nahe der Hauptstadt ein Nuklearforschungszentrum, das vor allem medizinischen Zwecken dienen soll.

Mit Material von dpa, rtr und dapd