Familienangehörige verweigerten die Aussagen. Verfahren in Düsseldorf geht mindestens noch bis August. Bilder zum Sauerland-Prozess.

Düsseldorf. Vielleicht denkt er, das Ganze sei nur ein Spiel, vielleicht meint er tatsächlich, er könne und müsse sich nur vor Allah erheben. Wahrscheinlich aber ist, dass der im sogenannten Sauerland-Verfahren angeklagte Terrorverdächtige Adem Yilmaz (30) die Richter des Oberlandesgerichts Düsseldorf provozieren will. Am zweiten Verhandlungstag weigerte er sich gestern erneut viermal, sich aus Respekt vor dem Gericht zu erheben. Der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling machte deswegen gleich zu Beginn der Verhandlung klar, dass das deutliche Konsequenzen haben wird. Für Yilmaz' stoisches Sitzenbleiben schon am ersten Tag ("Ich erhebe mich nur vor Allah") verhängte der Richter gestern morgen eine Woche Ordnungshaft und zum Ende des Tages noch eine weitere Woche für das erneute Sitzenbleiben.

Macht Yilmaz so weiter, könnte ihm eine zusätzliche Haft von durchaus bis zu zwei Jahren drohen. Bisher sind allein 40 Verhandlungstage bis Ende August festgelegt. Bei einer Woche Ordnungshaft pro Verhandlungstag ergibt das schnell ein Jahr. Doch Ende August wird der Prozess noch lange nicht beendet sein. Ordnungshaft wird auf jeden Fall in voller Länge abgesessen, wenn die eigentliche Strafe verbüßt ist.

Yilmaz ließ das alles unbeeindruckt. Während der Richter sprach, kaute er auf seinem Vollbart herum und rief ein piepsiges "Danke schön" in den Raum, als der Bundesanwalt Volker Brinkmann die zweite Woche Ordnungshaft beantragte. Als er den Dank nach einer Belehrung des Richters wiederholte, platzte dem merklich der Kragen. "Ich bitte die Verteidigung, des Temperaments ihres Mandanten Herr zu werden", sagte der als scharfzüngig gefürchtete Breidling.

Er drohte Yilmaz mit Ausschluss vom Verfahren, sollte er nun auch noch stören. Zu der am Schluss des Verhandlungstages von Rechtanwältin Ricarda Lang verlesenen Erklärung, dass Yilmaz das Gericht weder provozieren noch missachten wolle, ihm lediglich seine Religion ein Aufstehen verbiete, meinte Breidling nur kurz: "Das wird geprüft."

Dabei sollte im Mittelpunkt des zweiten Tages eigentlich die Aussage von 17 Familienangehörigen der Angeklagten Yilmaz, Fritz Gelowicz (29), Daniel Schneider (23) und Atilla Selek (24) stehen. Wie konnten aus den Männern hasserfüllte Islamisten werden, die laut Anklage Deutschland mit einer Serie von selbst gebauten Bomben mit einer nie da gewesenen Anschlagswelle überziehen wollten? Breidling gab sich alle Mühe, den Müttern, Vätern und Geschwistern einzeln deutlich zu machen, wie wichtig dafür ihre Aussagen seien.

Doch er stieß auf eine Mauer des Schweigens und auch Ablehnung. Alle machten von ihrem Recht, als enge Verwandte die Aussage verweigern zu können, Gebrauch. In das, was ihre Brüder und Söhne getan hatten, wollten sie nicht verwickelt sein.

Nur Atilla Selek setzte die Anwesenheit von Eltern, drei Schwestern und einem Bruder sichtlich unter Stress. Er verbarg sein Gesicht in seinen Händen, wischte sich über die Stirn und verfolgte den Prozess mit hochrotem Kopf und starrem Blick. Selbst als seine Mutter im Hinausgehen einen Blick zurück zu ihm warf, blieb er ungerührt.