Bundesanwalt sagt: Die Angeklagten verstehen sich als Märtyrer, die verheerende Anschläge in Deutschland verüben wollten. Ein mutmaßlicher Terrorist zeigte sich gleich zu Prozessbeginn trotzig. Sehen Sie hier Bilder vom Prozess gegen die Sauerland-Bomber.

Düsseldorf. Zuerst kam Fritz Gelowicz. Lässig, mit Vollbart und einem Blick, der klarmachte: Der Chef bin ich. Dann trotteten sie der Reihe nach in den streng abgeschirmten und gesicherten Saal des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Gelowicz, Daniel Schneider und Atilla Selek sowie der Türke Adem Yilmaz nahmen hinter schusssicheren Scheiben Platz. Immer zwei Justizbeamte zwischen ihnen, damit sie keinen Kontakt untereinander halten können. Das haben sie lange genug getan, mit beinahe tödlichen Folgen. 21 Polizisten insgesamt bewachten die Angeklagten.

Sie sollen einen Anschlag à la 11. September in Deutschland geplant haben. Mit diesem Vergleich des Ausmaßes der weit fortgeschrittenen Anschlagsplanungen begann der spektakulärste Terrorprozess der vergangenen Jahre in Düsseldorf. Ein Vertreter der Bundesanwaltschaft warf den den Angeklagten vor, Mitglieder der Islamischen Dschihad-Union (IJU) zu sein, die "ihre Kreise in Sinne des globalen Dschihad ausgeweitet" habe.

"Die Angeklagten waren getrieben von dem Willen, auch in Deutschland die Feinde des Islam vornehmlich US-Bürger zu vernichten und dabei das Ausmaß der Anschläge vom 11. September zu erreichen", sagte Bundesanwalt Volker Brinkmann, als er die 40-seitige Anklage verlas. Die Mitglieder der IJU verstünden sich als "Mudschahedin", die im Kampf gegen Ungläubige ihr Leben als Märtyrer einsetzten. Die Terrorgruppe habe sich zunächst auf Anschläge in Usbekistan konzentriert, dann aber ihr Wirkungsfeld auch auf Europa und auf Afghanistan ausgeweitet.

Für die Vereidigung der Dolmetscher sollten die Angeklagten aufstehen. "Ich stehe nur für Allah auf", sagte Adem Yilmaz trotzig. Richter Ottmar Breidling drohte ihm eine Ordnungsstrafe an.

Schneider ist zusätzlich wegen versuchten Mordes angeklagt. Er hatte beim Einsatz eines Spezialkommandos im Sauerland einem Polizisten die Waffe entrissen und auf ihn geschossen. Vor eineinhalb Jahren wurde die Gruppe im abgelegenen Dorf Oberschledorn im Sauerland dingfest gemacht. Monatelang war sie observiert worden. In ihrer Ferienwohnung wurden Fässer mit 730 Litern Wasserstoffperoxid zum Bombenbau entdeckt. Die Fahnder hatten den explosiven Stoff schon vor dem Zugriff unschädlich machen können.

Die Verteidiger kritisierten, dass von Geheimdiensten rechtswidrig gewonnene Erkenntnisse verwertet worden seien. Die treibende Kraft für die Fahrten der Angeklagten zu möglichen Anschlagsorten sei ein V-Mann gewesen. Die Akten seien unvollständig, wesentliche Informationen würden zurückgehalten. Die Verteidigung bestritt auch, dass es die Dschihad-Union überhaupt gibt.

Schneider droht wegen Mordversuchs lebenslange Haft, Gelowicz und dem mutmaßlichen Finanzchef der Gruppe, Yilmaz, eine Höchststrafe von 15 Jahren. Selek, der die Zünder beschafft haben soll, drohen maximal zehn Jahre Haft. Allein die Anklage hat 219 Zeugen benannt. An diesem Donnerstag sollen bereits 21 Zeugen aussagen. Die Bundesanwaltschaft ermittelt noch gegen einen fünften Verdächtigen.

Im Internet tauchte jetzt nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung ein neues Terror-Video auf. Wie das Blatt berichtet, hetzt ein "Komander Mohammad" darin gegen Deutsche und Juden. Er nennt die Bundesregierung eine "verbrecherische Regierung", deren "Großvater Hitler" die Juden getötet habe. In Anspielung auf den Afghanistan-Einsatz sagt er auf Arabisch, heute würden "ihre Söhne im Dienste der Juden" stehen. Eingeblendet seien Szenen von den Anschlägen am 11. September 2001 in New York.

Ist das Video echt oder nur von einem Trittbrettfahrer angefertigt? Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist beunruhigt über die zunehmende Ausreise militanter Islamisten aus Deutschland. Es sei zu befürchten, dass die Betroffenen in Terrorcamps gereist seien.