Es gibt gute Chancen für die Klagen der Opposition. Die Bundesregierung handele nach dem Prinzip „Augen zu und durch“, bemängeln die Experten.

Frankfurt/Main. Die Bundesregierung verstößt mit ihrem Atom-Kompromiss nach Auffassung der Mehrheit der Verfassungsrechtler gegen das Grundgesetz. Diese Meinung vertreten sieben Artikel von Verfassungsrechtlern, die in den kommenden Wochen in juristischen Fachzeitschriften erscheinen, wie die „Frankfurter Rundschau“ berichtet. Lediglich einer komme zu dem Schluss, dass der Bundestag allein die Laufzeit der Kernkraftwerke verlängern kann.

Zudem haben sich bislang elf angesehene Staatsrechtler öffentlich zu der Frage geäußert. Acht von ihnen seien überzeugt, dass der Bundesrat dem Atomkompromiss zustimmen müsse . Unter den Befürwortern einer Zustimmungspflicht sind der Ex-Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, und der Speyerer Verfassungsjurist Joachim Wieland, die schon Gutachten für das Bundesumweltministerium angefertigt hatten. Beide wiesen nun in Fachartikeln das Argument zurück, ein Karlsruher Urteil zum Luftsicherheitsgesetz des Bundes vom Mai stütze die schwarz-gelbe Koalition in ihrer Absicht. Die Stromkonzerne hatten das Urteil begrüßt.

Karlsruhe hatte im Mai die Zustimmungspflicht der Länderkammer zur Novelle des Luftsicherheitsgesetzes von 2005 verneint, die etwa schärfere Personenkontrollen an Flughäfen vorschrieb. Die so entstehende „bloße Mehrarbeit“ für die Länder löse keine Zustimmungspflicht aus, hieß es. CSU-Mitglied Papier halte die Fälle aber für nicht vergleichbar. Er sehe „keine zwingenden Gründe“, diese Argumentation auf die Laufzeitfrage zu übertragen, argumentiere er in der „Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht“.

Wieland habe den Plan, das Gesetz ohne Zustimmung des Bundesrates zu beschließen, als „fahrlässig“. Hier „mit Augen zu und durch“ zu verfahren, sei „sehr mutig“, sagte Wieland der „Frankfurter Rundschau“. Er erinnerte daran, dass Bundespräsident Christian Wulff, der das Atomgesetz unterzeichnen muss, als niedersächsischer Ministerpräsident von der Zustimmungspflicht ausging.