Beim umstrittenen Fotodienst Street View soll die Einspruchsfrist verlängert werden

Hamburg. Der politische Druck auf den weltgrößten Internetkonzern Google wächst. Nachdem das Unternehmen angekündigt hat, seinen Fotodienst Street View noch in diesem Jahr in 20 deutschen Großstädten zu starten, fordert Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) eine Ausweitung der Widerspruchsmöglichkeiten.

"Das gesamte Widerspruchsverfahren muss transparenter werden. Nur so kann Google verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen", sagte Aigner im Abendblatt-Interview. Die Ministerin betonte, dass sie die von Google eingeräumte Vier-Wochen-Widerspruchsfrist für die Betroffenen in den 20 Städten für zu kurz hält. "Eine Verdoppelung der Frist auf acht Wochen wäre wünschenswert." Bei Street View sollen Fotos aller Häuser ins Internet gestellt werden.

Die Ministerin kritisierte den Google-Konzern auch für sein Auftreten in der Öffentlichkeit. "Google will die aktuellen Zahlen, wie viele Widersprüche es schon gibt, derzeit nicht bekannt geben. Das halte ich nicht für eine vertrauensbildende Maßnahme", sagte Aigner. Es reiche nicht aus, ganzseitige Anzeigen zu schalten, in denen Google Street View erklärt werde. Zudem sei der Konzern mit der Ankündigung, Street View noch in diesem Jahr zu starten, "mitten in die Sommerferien mehrerer Bundesländer geplatzt". Google habe damit "viele Bürgerinnen und Bürger überrumpelt", kritisierte Aigner.

Die Ministerin traf sich gestern in Hamburg zu einem Spitzengespräch mit Managern des Internetkonzerns. Auch in diesem Gespräch setzte sich Aigner nach Abendblatt-Information für eine Verlängerung der vierwöchigen Online-Widerspruchsfrist ein, die gestern beginnen sollte.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat unterdessen klargemacht, dass sie persönlich nicht dagegen vorgehen werde, wenn Google bei Street View auch ihre Privatwohnung zeigt. "Ihr persönlicher Wohnsitz ist ohnehin bereits ziemlich oft abgelichtet worden und bekannt", sagte der neue Regierungssprecher Steffen Seibert. Andere Politiker, darunter Aigner, wollen dagegen bei Google Beschwerde einlegen. Seibert sagte, auch Merkel halte es für richtig, dass es ein Widerspruchsrecht gibt. Die Regierung werde aber niemanden auffordern, es wahrzunehmen.

Ministerin Aigner warnte vor gesetzlichen Schnellschüssen beim Datenschutz im Internet. Die Herausforderung an die Politik werde sein, "eine vernünftige Balance zu finden zwischen den neuen technischen Möglichkeiten, von denen auch viele Verbraucher profitieren, und dem Schutz der Privatsphäre der Bürger".

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) ließ schärfere Regeln offen, warnte jedoch ebenfalls vor einer übereilten Entscheidung. "Eine gesetzliche Regelung ist nicht unmöglich", sagte er den "Stuttgarter Nachrichten". An diesem Mittwoch will das Kabinett über den Umgang mit den sogenannten "Geodaten" entscheiden.