Verantwortliche von Duisburg verweisen auf laufende Ermittlungen. Panikforscher verteidigt Konzept

Duisburg. "Dieses Unglück ist so entsetzlich, dass man es nicht in Worte fassen kann", sagte Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) gestern. Und in der Tat gab es auf die alles entscheidende Frage, wer die Schuld an dem Drama trage, keine Antwort.

Gemeinsam mit Ordnungsamtschef-Chef Wolfgang Rabe, dem stellvertretenden Polizeipräsidenten von Duisburg, Detlef von Schmeling, und Loveparade-Manager Rainer Schaller stellte sich Sauerland bei einer Pressekonferenz den Fragen der Journalisten. Gleich zu Beginn erklärte der Oberbürgermeister, dass er mit Blick auf die laufenden Ermittlungen wenig sagen könne. Was Augenzeugen jedoch berichteten, könnten Polizei und Veranstalter aber nicht bestätigen. Teilnehmer hatten geschildert, dass es am einzigen offiziellen Ein- und Ausgang zum alten Güterbahnhof im Bereich des Tunnels zu einer Massenpanik gekommen war. Das Gelände zur Loveparade sei abgesperrt worden, sodass niemand mehr aus dem Tunnel herausgekommen sei, während von hinten die Massen nachdrängten.

Polizei-Vize von Schmeling äußerte dagegen die erstaunliche Erkenntnis: "Mein persönlicher Eindruck bestätigt den einer Massenpanik nicht." Im Tunnel sei niemand gestorben. "Alle Verstorbenen sind auf der westlichen Seite der Zugangsrampe ums Leben gekommen." Offen blieb auch, wie viele Menschen zur Loveparade kamen. Veranstalter Rainer Schaller hatte von rund 1,4 Millionen gesprochen. "1,4 Millionen Besucher kann ich nicht bestätigen", sagte dagegen der Polizei-Vize. Er berief sich auf Zahlen der Bahn, die "den größten Teil der Gäste zugeführt" habe. Zwischen 9 und 14 Uhr sollen das rund 105 000 Besucher gewesen sein. Der Platz selbst hätte von Schmeling zufolge "ohne Weiteres 350 000 Menschen" aufnehmen können und sei "zu keiner Zeit vollständig gefüllt" gewesen. Folglich hätte der Platz gar nicht abgesperrt werden müssen.

Doch selbst die Absperrung war bei der Pressekonferenz plötzlich wieder fraglich. Von Schmeling: "Ich kann nicht belegen, dass die Polizei das Gelände gesperrt hat." Auf wiederholte Fragen, warum Polizei und Sicherheitsbedienstete die Menschen nicht einfach durchgelassen hätten, sagte von Schmeling: "Es ist nicht so, dass die Polizei irgendeinem die Hilfe verweigert hätte oder Personen zurückgedrängt hätte."

Auf die Frage, wieso es nur einen Aus- und Eingang gab, obwohl mit mehr als einer Million Besucher gerechnet wurde, gab es bei der Pressekonferenz nur ratlose Gesichter.

Panikforscher Michael Schreckenberg verteidigte unterdessen das Sicherheitskonzept, an dem er beteiligt war. Der Tunnel, in dem es zur Panik kam, sei groß genug ausgelegt gewesen, sagte der Professor im WDR. Bei der Erstellung des Konzepts seien mögliche Notfälle durchgespielt worden. Es gebe aber immer Menschen, die sich nicht an die Spielregeln hielten. So hätten vor dem Unglück Jugendliche ein Gitter überrannt und wären eine ungesicherte Treppe hochgelaufen. Einige seien aus einer Höhe von acht bis zehn Metern gestürzt. Dass "Menschen von oben herunterfallen", sei im Sicherheitsplan nicht vorgesehen gewesen.