Massenpanik fordert 20. Todesopfer. Erlaubnis für die Techno-Party erst Stunden vor Beginn trotz Bedenken erteilt

Duisburg. Die Katastrophe von Duisburg hat ein weiteres Opfer gefordert. Zwei Tage nach der Massenpanik bei der Loveparade ist gestern eine 21-jährige Deutsche ihren Verletzungen erlegen, sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) am Abend. Die Zahl der Todesopfer stieg damit auf 20. Mehr als 500 Verletzte werden noch ärztlich betreut.

Vor dem Hintergrund massiver Kritik an den Verantwortlichen für die Techno-Party forderte Kraft Konsequenzen aus der Katastrophe. Es sei klar erkennbar, dass das Sicherheitskonzept nicht gut gewesen sei, sagte die Regierungschefin.

In Duisburg mischt sich in die Trauer um die Toten inzwischen zunehmend Wut auf die Verantwortlichen. Erste Zielscheibe ist Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU), den Passanten bei einem Ortsbesuch mit Müll bewarfen. Er soll nach Informationen der "Kölnischen Rundschau" die ordnungsbehördliche Erlaubnis für die Techno-Party erst am Sonnabendmorgen um9 Uhr erteilt haben - obwohl die Duisburger Berufsfeuerwehr und Polizisten tags zuvor nochmals deutlich gemacht haben, dass die Großveranstaltung so nicht stattfinden könne. Einen sofortigen Rücktritt lehnte Sauerland auch gestern ab.

Dabei werden fast jede Stunde neue Einzelheiten bekannt, die das Versagen der Behörden und Veranstalter dokumentieren. So soll sich die frühere Leiterin des Duisburger Bauordnungsamtes geweigert haben, die Genehmigung für das Riesenfest zu unterschreiben. Danach sei sie versetzt worden, erzählen Insider.

Die stark überschuldete Stahlstadt wollte offenbar unbedingt den Imageerfolg der Raveparty - dafür wurde auch politischer Druck ausgeübt: Als im Herbst 2008 in den Sitzungen der Fachleute ein Polizeivertreter Zweifel anmeldete, ob Duisburg ein geeignetes Gelände besitze, schaltete sich der damalige Duisburger CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Mahlberg ein. Er drängte in einem Brief an den damaligen CDU-Innenminister Ingo Wolf sogar auf eine Ablösung des Polizeipräsidenten. Loveparade-Organisator Rainer Schaller sagte, das Unglück könnte durch eine Anweisung der Polizei ausgelöst worden sein, alle Schleusen zu dem Tunnel zu öffnen, in dem es danach zur Panik kam. Das Düsseldorfer Innenministerium entzog gestern der Duisburger Polizei die Ermittlungen, "um Befangenheiten zu vermeiden". (HA)