Sie lobt und kritisiert die wichtigste Volkswirtschaft der Welt. Premier Wen sagt: „Wir sitzen in einem Boot.“ China siedelt Merkels Besuch hoch an.

Peking. Es war die klassische Moderations-Politik, die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei ihrem Peking-Besuch durchscheinen ließ. Lob für das politisch und wirtschaftlich starke China- aber eben auch Kritik. Wie einst der Eiserne Kanzler Bismarck mit seinem Gestus von Zuckerbrot und Peitsche verteilte Merkel Anerkennung und Zugeständnisse. In Fragen des marktwirtschaftlichen Status und einer Aufwertung Chinas gegenüber der Europäischen Union sagte die Bundeskanzlerin mehr oder minder unverblümt: Hier muss sich China bewegen.

Nach einem Treffen mit Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao sagte Merkel auf die Frage, ob China den Status als Marktwirtschaft erhalten sollte: „Ich glaube, wir sind noch nicht an dem Punkt, wo alle Kriterien erfüllt sind.“ Zu klären sei noch der Schutz des geistigen Eigentums – dahinter steht die Sorge um die Produktpiraterie – und der Zugang zu den Märkten, „damit wir sichern sein können, dass keine Benachteiligungen stattfinden.“ Wenn China entsprechende Maßnahmen ergreife werde sie sich dafür einsetzen, dass es „faire und zielorientierte Gespräche“ gebe, sagte Merkel. Das werde dann noch vor dem nächsten G20-Gipfel im November in Südkorea der Fall sein.

In einem gemeinsamen Kommuniqué heißt es dazu: „Deutschland wird die zügige Zuerkennung des Marktwirtschaftsstatus für China durch die EU weiterhin aktiv unterstützen. China wird zu dieser Frage den bestehenden Dialog mit der EU intensiv weiterführen.“

Aber Deutschland und China werden ihre Beziehungen nach den Worten von Merkel „auf eine völlig neue Grundlage stellen“. Die Partnerschaft solle ausgebaut und durch jährliche Konsultationen der Spitzen beider Regierungen vertieft werden, sagte Merkel. Ministerpräsident Wen sagte: „Wir sitzen im gleichen Boot.“

Merkel ging gegen die Kritiker in die Offensive. „Man kann Produkte nur verkaufen, wenn sie wettbewerbsfähig sind. Deutschland ist stolz auf seine Wettbewerbsfähigkeit“, sagte sie. Merkel wehrte zudem Kritik ab, Deutschland kurbele die Binnenkonjunktur nicht genügend an. „Wir halten nichts davon, künstlich Importe zu erleichtern, indem wir uns weiter verschulden. Importe und Exporte müssten auf wirklicher Leistungskraft beruhen.“ Mit China sei man einer Meinung, dass die Defizite der öffentlichen Haushalte nicht höher als drei Prozent sein dürften – dies ist auch der Grenzwert im Europäischen Stabilitätspakt.

Im Jahr 2007 hatte Merkel mit ihrem Empfang des Dalai Lama, dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter, die chinesische Führung schwer verärgert. Tibet ist seit 1951 von China besetzt. In dem Kommuniqué heißt es nun: „Die deutsche Seite bekräftigt ihr Festhalten an ihrer Ein-China-Politik und ihre Achtung der territorialen Integrität Chinas; dies würdigt die chinesische Seite.“ Die durch den Empfang des Dalai Lama im Kanzleramt ausgelösten Spannungen erscheinen damit endgültig vom Tisch.

Indirekt setzte sich Merkel für bessere Bedingungen für kritische Journalisten in China ein. Die Aufgabe der Medien sei es, „kritisch und aufklärerisch“ zu berichten, sagte sie. Das sei nötig, damit beide Länder mehr voneinander erführen. „Wir müssen mehr voneinander wissen.“ Wen sagte, die Journalisten sollten aber auch „die Lichtseiten“ des deutsch-chinesischen Verhältnisses beschreiben.

Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) unterzeichnete ein Abkommen für eine stärkere Zusammenarbeit in der Energie- und Umweltpolitik. Ferner befürworten beide Länder ein „angemessenes Vorgehen gegen den Klimawandel“. Im Herbst soll sich eine deutsch-chinesische Arbeitsgruppe zur Bekämpfung des Klimawandels treffen.

Die chinesische Seite hatte den Besuch protokollarisch sehr hoch angesiedelt. Merkel wurde bei ihrem vierten Besuch Chinas in ihrer Kanzlerzeit mit militärischen Ehren empfangen. Nach einem Treffen mit Präsident Hu Jintao wird sie am Sonnabend zudem von Ministerpräsident Wen noch die Provinzstadt Xian begleitet.