Unions-Fraktionschef Kauder ermahnt die Kritiker des Betreuungsgeldes in der CDU, “nicht das Geschäft des politischen Gegners zu betreiben“.

Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ über Regierungssprecher Steffen Seibert mitteilen, sie halte trotz des Widerstands in ihrer eigenen Partei am geplanten Betreuungsgeld für Eltern fest. Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin, die Bundesregierung stehe zu dem, was die Koalitionspartner CDU, CSU und FDP im vorigen November erneut beschlossen hätten. Das sei die Wahlfreiheit der Eltern, wie sie ihre Kinder bis zum dritten Lebensjahr betreuen oder betreuen lassen wollen. Unions-Fraktionschef Volker Kauder appellierte an die Kritiker, dem Projekt zuzustimmen. „Ich rate dazu, die Diskussion zu beenden und nicht das Geschäft des politischen Gegners zu betreiben“, mahnte der CDU-Politiker am Montag in Berlin. Die Grünen kritisierten indes das Betreuungsgeld als "fatalen Irrweg".

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Steffen Seibert sagte, zum einen werde der Ausbau von Kindertagesstätten finanziell gefördert und zum anderen ein Betreuungsgeld eingeführt. Bis zur Sommerpause werde ein Gesetzentwurf eingebracht. Seibert: „Wenn der vorliegt, ergibt sich die Gelegenheit zu allen notwendigen Diskussionen.“ Volker Kauder verwies darauf, dass das Betreuungsgeld im Koalitionsvertrag vereinbart und vom Koalitionsausschuss als Teil eines Gesamtpakets von Beschlüssen bestätigt worden sei. Bei der Ausgestaltung eines Betreuungsgeldes werde man eine Lösung finden, die auch von Kritikern mitgetragen werden könne, versicherte Kauder. Er forderte „alle auf, diesen Beratungsprozess intern zu halten und nicht mit öffentlichen Erklärungen zu erschweren“.

Auch nach Ansicht der Grünen schlägt die Kanzlerin beim Betreuungsgeld einen „fatalen Irrweg“ ein. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte am Montag in Berlin: „Statt dem Gezerre in ihrer Koalition um das unsinnige Betreuungsgeld Einhalt zu gebieten und es schleunigst zu beerdigen, hält Bundeskanzlerin Merkel uneinsichtig daran fest.“ Dabei schwinde der Rückhalt dafür in der schwarz-gelben Koalition aus guten Gründen. Das Betreuungsgeld setze völlig falsche Anreize und konterkariere wichtige Bemühungen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, erklärte Roth. „Gerade für sozial benachteiligte Familien mit geringem Einkommen wächst der Druck, ihr Kind nicht in einer Bildungseinrichtung unterstützend erziehen zu lassen, sondern es ganztägig selbst zu betreuen.“

Der Streit ist wieder aufgeflammt, weil 23 CDU-Abgeordnete ankündigten, der Vereinbarung nicht zuzustimmen. Die CSU, die den Beschluss zum Betreuungsgeld durchgesetzt hatte, pocht auf Einhaltung der Koalitionsabsprachen vom November. Die FDP machte deutlich, dass sie nicht am Betreuungsgeld hängt. Seibert betonte dazu: „Die politische Entscheidung in der Koalition ist gefallen.“ Der Gesetzentwurf soll bis Ostern im Bundesfamilienministerium fertiggestellt sein und anschließend in die Abstimmung gehen. Die Leistung soll ab 2013 an Eltern gezahlt werden, die ihre Kinder nicht in eine Kita geben. Zunächst sollen es 100 Euro, später 150 Euro monatlich geben. 2013 sind im Bundeshaushalt 400 Millionen Euro dafür eingeplant. Ab 2014 sollen es jährlich 1,2 Milliarden Euro sein.

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Der stellvertretende Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Max Straubinger, sagte, der Widerstand der 23 CDU-Abgeordneten gegen das geplante Gesetz sei eine „Rebellion gegen den Koalitionsvertrag. Zugleich zeigte auch er sich in der „Passauer Neuen Presse“ überzeugt, dass das Betreuungsgeld nicht scheitert. „Wir werden in der Fraktion noch einmal eine intensive Diskussion führen.“

„Man kann über das Wie reden, aber nicht mehr über das Ob“, mahnte auch CSU-Vize-Generalsekretärin Dorothee Bär in der "Passauer Neuen Presse". Die Unionsabgeordneten hätten mit ihrem Aufstand gegen das Betreuungsgeld ohne Not einen Streit vom Zaun gebrochen. Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Gerda Hasselfeldt, sprach von einer „unsäglichen“ und „völlig unnötigen“ Diskussion. „Das Betreuungsgeld steht nicht zur Debatte“, sagte sie der „Bild“-Zeitung .

Hasselfeldt widersprach dem Vorwurf, das Geld werde von den Eltern nicht für die Kinder ausgegeben. „Das Betreuungsgeld ist eine gesellschaftliche Anerkennung für diejenigen Eltern, die die Erziehung ihrer Kinder eigenverantwortlich gestalten, indem sie die Betreuung selbst leisten oder privat organisieren. Zwei Drittel der Familien in Bayern betreuen beispielsweise ihre Kinder in den ersten Lebensjahren zu Hause. Das sind keine Menschen, die am Herd stehen oder das Geld vertrinken. Die CSU hat ganz normale Familien im Blick, deren Kinder hinterher nicht dümmer sind, weil sie nicht in eine Krippe gegangen sind.“ Hermann Kues sagte, er sehe das Betreuungsgeld trotz der angekündigten Ablehnung der 23 CDU-Abgeordneten nicht in Gefahr. „Ich gehe davon aus, dass sich die Koalition an ihre Beschlüsse hält“, sagte der CDU-Politiker dem Blatt. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) werde bis zur Sommerpause einen Gesetzentwurf vorlegen.

Der Berliner CDU-Abgeordnete Karl-Georg Wellmann forderte indes Kanzlerin und Parteichefin Angela Merkel auf, die Gesetzesinitiative zum Betreuungsgeld zu stoppen. Er sagte der „Bild“-Zeitung: „Es wäre klug, wenn die Kanzlerin dieses Unfug-Gesetz stoppen würde. Beim Betreuungsgeld mache ich nicht mit. Das wäre eine Fehlsteuerung von Sozialleistungen, die ich für nicht vertretbar halte.“

Mit Material von dpa/dapd