FDP-Chef Westerwelle beschwichtigt: „Die Koalition hat eine klare Mehrheit.“ Grünen-Chef Trittin provoziert Kanzlerin Merkel.

Berlin. Die CDU-Spitze sieht trotz der angespannten Lage derzeit kein Ende der schwarz-gelben Koalition. „Es gibt keinen Anlass, in Deutschland über Neuwahlen zu reden“, sagte Hessens Ministerpräsident Roland Koch vor einer Sitzung des CDU-Präsidiums in Berlin. „Es ist eine Regierung mit einer ordentlichen Mehrheit da. Die hat im Augenblick Schwierigkeiten, aber die wird sie auch wieder überwinden.“

Er rief die Koalition eindringlich zu Geschlossenheit auf. „Alle Beteiligten müssen begreifen, dass die Streitigkeiten aufhören müssen.“ Die Konflikte über Steuern und Gesundheit müssten jedoch ausgeräumt werden.

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Jürgen Trittin, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgefordert, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. „Angesichts der heftigen Widersprüche in der schwarz-gelben Koalition ist fraglich, ob Frau Merkel für ihre Politik noch eine Mehrheit der Abgeordneten im Bundestag hinter sich hat“, sagte Trittin dem Hamburger Abendblatt.

Er verlangte: „Sie sollte daher die Schlussabstimmung über das Sparpaket mit der Vertrauensfrage verbinden.“ Zuletzt hatte Gerhard Schröder 2005 die Vertrauensfrage gestellt. Damals geschah dies, um den Weg für Neuwahlen freizumachen.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) wies den Vorwurf mangelnder Führungsstärke gegen Kanzlerin Angela Merkel zurück. „Sie hat klar und deutlich gesagt, dass sie will, dass die Diskussionen aufhören“, sagte er dem Nachrichtensender N24. „Es sollten sich jetzt nur alle daran halten.“

Thüringens Regierungschefin Christine Lieberknecht sagte über eine Neuwahl: „Ich sehe die im Moment auch überhaupt nicht.“ Sie forderte die Koalitionspolitiker in Berlin auf, vernünftig die Probleme zu besprechen. „Nicht immer in aller Öffentlichkeit, sondern sich wirklich jetzt mit bürgerlichen Tugenden so zusammensetzen, dass das Land zählt und dass persönliche Eitelkeiten in den Hintergrund treten.“ EU-Energiekommissar Günther Oettinger verlangte mehr Respekt untereinander. Brüssel erwarte unverändert eine starke deutsche Regierung.

Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle hat alle Spekulationen über ein baldiges Ende der schwarz-gelben Koalition zurückgewiesen. „Die Koalition hat eine klare Mehrheit und einen klaren Regierungsauftrag“, sagte der Außenminister und Vizekanzler der „Bild“-Zeitung. Die Sparklausur des Kabinetts habe „einen Neuanfang gebracht“, der jetzt genutzt werden müsse. Die Entwicklung am Arbeitsmarkt und das Wirtschaftswachstum zeigten, „dass wir erfolgreich arbeiten“. Alle Forderungen, auf den FDP-Vorsitz zu verzichten und sich auf das Ministeramt zu konzentrieren, wies Westerwelle zurück. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei zugleich Parteivorsitzende. Zudem helfe die „Bündelung der Ämter“, liberale Positionen durchzusetzen.“ In den vergangenen Tagen sei die Handschrift der FDP „immer deutlicher“ geworden. Als Beispiele nannte er die Sparklausur und die Entscheidung, dem Autobauer Opel weitere Bundeshilfen zu versagen.

Westerwelle zeigte sich außerdem sicher, dass Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) Ende Juni zum neuen Bundespräsidenten gewählt wird. Zum Lob für den rot-grünen Gegenkandidaten Joachim Gauck aus mehreren FDP-Landesverbänden sagte er: „Ich bin überzeugt, dass Christian Wulff auch mit unseren Stimmen eine klare Mehrheit bekommen wird.“ Wulff werde ein„vorzüglicher Bundespräsident“ sein.