Sollen noch mehr deutsche Soldaten am Hindukusch kämpfen und Polizisten ausbilden? Die CSU kritisiert die „Taliban-Abwrackprämie“.

Berlin/London. Die Bundesregierung will über die deutsche Afghanistan-Strategie erst nach der internationalen Konferenz am in London entscheiden. „Deutschland wird mit einer gemeinsam abgestimmten Haltung nach London gehen. Entscheidungen wird die Bundesregierung letztlich aber erst im Lichte der Ergebnisse der Konferenz von London treffen“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans.

An diesem Montagabend wollen sich die Ressortchefs der beteiligten Ministerien mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über das Gesamtkonzept abstimmen. Das Parlament werde umfassend informiert, sagte Steegmans. Bei dem Treffen werden Außenminister Guido Westerwelle (FDP), Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) dabei sein. CSU-Chef Horst Seehofer hat die Afghanistan-Pläne der Bundesregierung begrüßt. „Was sich jetzt abzeichnet, damit sind wir sehr einverstanden“, sagte er vor einer CSU-Vorstandssitzung. Eine mögliche Erhöhung des Bundeswehr-Kontingents in Verbindung mit einer Stärkung des zivilen Aufbaus und einem Truppenabzug ab dem Jahr 2011 sei das richtige Signal.

Die CSU werde das sehr breit mittragen, sagte der bayerische Ministerpräsident. Nur bis wann der Truppenabzug aus Afghanistan abgeschlossen sein solle, solle offen bleiben, denn ein konkretes Datum würde die Taliban stärken, warnte Seehofer.

Dagegen stellte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt den Vorschlag von Außenminister Guido Westerwelle in Frage, Taliban-Kämpfer mit Hilfsangeboten auf die eigene Seite zu ziehen. „Taliban herauskaufen? Da fällt mir nur ein: Taliban-Abwrackprämie“, sagte Dobrindt: „Da wird noch darüber zu reden sein.“

Auf der Afghanistan-Konferenz wird voraussichtlich ein Fonds für die Wiedereingliederung von Taliban-Kämpfern beschlossen. Zudem soll der Einsatz der internationalen Truppen noch weitere fünf Jahre dauern, wie aus einem Entwurf der Abschlusserklärung hervorgeht, aus dem die britische Zeitung „The Times“ zitierte.

Darin heißt es: Die afghanischen Sicherheitskräfte sollten „innerhalb von drei Jahren die meisten Operationen in unsicheren Gebieten Afghanistans ausführen und die Verantwortung für die physische Sicherheit innerhalb von fünf Jahren übernehmen“. Stabilere Gegenden könnten schon Ende 2010 oder zu Beginn 2011 an die afghanischen Kräfte übergeben werden.

Herzstück der Londoner Konferenz sei jedoch ein Plan zur Aussöhnung mit ehemaligen Aufständischen. Dieser verspricht laut „Times“ allen, die ihre Verbindungen zu „al-Qaida und anderen terroristischen Gruppen“ abbrechen, „einen ehrenvollen Platz in der Gemeinschaft“. Dies soll in den kommenden drei Jahren durch einen „Friedens- und Reintegrationsfonds“ unterstrichen werden. Die „Times“ berichtete unter Berufung auf hochrangige Beamte, dass wahrscheinlich die USA, Japan und Großbritannien die größten Beitragsgeber sein werden und dass die Summe sich auf „Hunderte von Millionen Dollar“ beläuft.

Der afghanischer Präsident Hamid Karsai hatte bereits einen Plan angekündigt, radikalislamische Taliban-Krieger mit materiellen Anreizen zur Aufgabe des bewaffneten Kampfes zu bewegen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle hatte sich für ein Aussteiger-Programm für afghanische Taliban ausgesprochen. Viele Mitläufer der Terroristen seien auch aus wirtschaftlichen Gründen auf einen falschen Weg geraten.

Der britische Außenminister David Miliband hatte in der BBC darauf verwiesen, dass Frieden in Afghanistan nur möglich sei, wenn alle Gruppen in dem Prozess eingebunden seien. „Wenn die Leute sagen, ,soll die afghanische Regierung mit den Taliban reden?’, dann habe ich eine einfache Antwort: Ja, sie sollte.“ (dpa/abendblatt.de)