Potsdam/Kabul. Bundeswehrsoldaten haben im Norden Afghanistans einen Einheimischen erschossen. Am Ortsausgang von Kundus raste ein Fahrzeug mit hoher Geschwindigkeit auf einen Checkpoint zu und stoppte trotz Warnschüssen nicht. Das teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam mit. Soldaten hätten daraufhin das Feuer eröffnet und zwei Insassen verletzt, von denen einer später im Krankenhaus starb.

Nach Angaben des Einsatzführungskommandos hatten Kräfte der Internationalen Afghanistan-Truppe Isaf einen beweglichen Kontrollpunkt am westlichen Ortsausgang errichtet, nachdem sie eine Warnung vor einem Selbstmordattentäter erhalten hatten. Als sich ein Stau bildete, scherte ein Wagen aus und fuhr auf die Soldaten zu. Das Fahrzeug habe trotz Handzeichen und Warnschüssen nicht angehalten, woraufhin die Bundeswehrsoldaten mit Handfeuerwaffen geschossen hätten. Ob es sich um einen Anschlagsversuch gehandelt habe, werde nun untersucht, sagte ein Bundeswehr-Sprecher. Bereits am Freitag war ein Afghane bei Kundus von Bundeswehrsoldaten bei einem ähnlichen Zwischenfall durch Schüsse verletzt worden.

Unterdessen hat das afghanische Parlament im Tauziehen um die künftige Regierung in Kabul Präsident Hamid Karsai eine neue schwere Niederlage bereitet. Die Abgeordneten lehnten auch eine überarbeitete Kabinettsliste überwiegend ab und verabschiedeten sich anschließend bis zum 20. Februar in die Winterpause. Zwar wurden mehrere Schlüsselposten wie etwa die Ressortchefs für Äußeres, Justiz und den Kampf gegen Drogen bestätigt. Elf der 25 Ministerämter sind jedoch weiterhin vakant. Damit ist es Karsai nicht gelungen, noch vor der internationalen Afghanistan-Konferenz Ende des Monats eine Regierung zusammenzustellen. Die Bestätigung des Kabinetts war der erste große Test für den Präsidenten seit seiner von Betrugsvorwürfen überschatteten Wiederwahl.

Im Vorfeld der Londoner Konferenz strebt die Bundesregierung einen Konsens mit der SPD über eine Truppenverstärkung für Afghanistan an. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe im Gespräch mit SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier Bedingungen für eine Zustimmung der Sozialdemokraten sondiert, berichteten "Süddeutsche Zeitung" und "Rheinische Post".