Nach dem Dreikönigstreffen nun ein Dreiergipfel. Horst Seehofer erwartet eine „Ernüchterungsphase“ für Guido Westerwelle.

Stuttgart/Wildbad Kreuth. Die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und FDP wollen den anhaltenden Koalitionsstreit über die Steuerpolitik und andere Themen noch im Januar bei einem Spitzengespräch klären. CSU-Chef Horst Seehofer wollte aber nicht von einem „Krisentreffen“ sprechen. „Das hat nichts mit Krise zu tun, das ist Routine“, sagte er am Rande der CSU-Klausur in Kreuth.

Vor den Bundestagsabgeordneten seiner Partei hatte Seehofer angekündigt, bei dem Gespräch werde „eine Ernüchterungsphase für Westerwelle in Bezug auf die Steuerpläne“ eingeleitet. Vor Journalisten äußerte sich der CSU-Chef zurückhaltender. Bei dem Treffen werde die ganze Palette der Koalitionsthemen erörtert. Er bekräftigte, dass über Umfang und Zeitpunkt der vereinbarten Steuerentlastung nur in einem Gesamtpaket mit Haushalt, Bildung und Kommunalfinanzen entschieden werden könne. „Ich glaube nicht, dass dann ein Paket mit 20 Milliarden zu machen ist.“

Das Sechs-Augen-Gespräch von Kanzlerin Angela Merkel, FDP-Chef Guido Westerwelle und Seehofer ist das erste seit der schwarz-gelben Regierungsbildung im Oktober. Der Dreiergipfel soll an einem Sonntag noch im Januar stattfinden. An den regelmäßigen Dienstags-Sitzungen des Koalitionsausschusses kann Seehofer in der Regel nicht teilnehmen, weil zu diesem Zeitpunkt in Bayern das Kabinett tagt. Die Koalition streitet seit ihrem Start vor allem über die Finanzpolitik und die von der FDP geforderten weiteren Steuersenkungen. Westerwelle hatte erst beim Dreikönigstreffen der Liberalen in Stuttgart bekräftigt, dass die FDP an weiteren milliardenschweren Entlastungen ab 2011 festhält. Dagegen beharrt die CSU darauf, vor konkreten Festlegungen erst die Steuerschätzung im Mai abzuwarten.

Weitere Streitthemen in der schwarz-gelben Koalition sind die Forderungen von Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach zur Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ sowie die geplante Reform der Gesundheitsbeiträge.

Trotz der Meinungsverschiedenheiten äußerte sich Seehofer im ZDF „recht zufrieden“ über die Zusammenarbeit mit Merkel und Westerwelle. Er sei beinahe jeden Tag mit der Kanzlerin in Kontakt, könne aber nicht jedes Gespräch öffentlich bekanntgeben, sagte der CSU-Vorsitzende.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Rüttgers, der am Donnerstag zu Gast bei der CSU-Klausur in Kreuth war, sieht nach dem FDP-Dreikönigstreffen „die Gelegenheit zu einem Neustart“ der Koalition in Berlin. Im Bayerischen Rundfunk verwies der stellvertretende CDU-Vorsitzende auf das geplante Spitzengespräch und versicherte, es bleibe bei dem, was im Koalitionsvertrag vereinbart sei. Zum einen solle das Steuersystem einfacher und gerechter werden, zum andern aber könne „nur etwas beschlossen werden, wenn es auch Geld gibt, das heißt, wenn die Spielräume da sind. Und deshalb steht ja der Finanzvorbehalt da drin.“ Daher müsse vor weiteren Schritten die Steuerschätzung im Mai abgewartet werden. „Vorher ist alles andere eine virtuelle Debatte“, fügte der Düsseldorfer Regierungschef hinzu.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast kommentierte den Koalitionsgipfel in Berlin mit den Worten: „Wo Streit zum Alltag gehört, werden Krisentreffen zur Routine.“ (DAPD)