Der Fund einer deutschen Leiche hat das in Nürnberg angesiedelte Verfahren gegen den früheren argentinischen Militär-Juntachef Jorge Rafael Videla wieder aufleben lassen.

Nürnberg. Zweieinhalb Jahre nach der Einstellung des in Lateinamerika stark beachteten Verfahrens werde wieder gegen Videla und andere Junta- Mitglieder ermittelt, teilte der Nürnberger Justizsprecher Thomas Koch am Mittwoch mit und bestätigte damit einen Bericht der „Nürnberger Nachrichten“. Ein Haftbefehl gegen Videla sei beantragt. Ausgelöst wurden die neuen Ermittlungen, weil in Argentinien Überreste der Leiche des Deutschen Rolf Stawowiok aufgetaucht waren. Die Nürnberger Justiz war vor Jahren für das Argentinien-Verfahren zuständig erklärt worden. Die Junta hatte sich 1976 an die Macht geputscht, bis Anfang der 1980er Jahre wurden bis zu 30.000 Menschen umgebracht.

Die Staatsanwalt wirft Videla Mord aus niederen Beweggründen vor. Der Junta-Chef habe damit die Verschleppung von Oppositionellen zu vertuschen versucht. Das Verfahren der deutschen Justiz in dem Fall des verschwundenen Rolf Stawowiok war vor längerer Zeit eingestellt worden. „Wir hatten keine Leiche von ihm. Wir konnten daher auch nicht sicher sein, dass Stawowiok einem Tötungsdelikt zum Opfer gefallen ist“, erläuterte Koch. Mit dem Leichenfund habe sich die Sachlage geändert, zumal Spuren darauf hinwiesen, dass Stawowiok erschossen wurde.

Die Staatsanwaltschaft Nürnberg hatte im Jahr 2007 ihre Ermittlungen im Argentinien-Verfahren eingestellt, nachdem Argentinien eine Auslieferung von Videla abgelehnt hatte. Videla müsse wegen der Ermordung von Deutschen vor einem heimischen Gericht der Prozess gemacht werden, hatte die Justiz des lateinamerikanischen Landes seinerzeit ihre Entscheidung begründet. Videla war 1985 wegen Menschenrechtsverbrechen unter seiner Diktatur – er war von 1976 bis 1981 als Juntachef zugleich Staatspräsident – zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden, wurde aber schon bald darauf begnadigt. Auf seinen Befehl hin soll auch die Tochter des deutschen Theologen Ernst Käsemann, Elisabeth Käsemann, im Jahre 1977 entführt und später getötet worden sein.