Hamburg/Berlin. 24 Milliarden Euro kann man mit einer einfachen Streichliste sparen. Das zumindest glaubt der Bund der Steuerzahler, der mit Angst und Schrecken auf den Rekordschulden-Haushalt des neuen Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) reagiert hat. Um fünf Prozent pauschal müssten alle Ressorts ihre Ausgaben kürzen, so die Anwälte des kleinen Steuerzahlers.

Verwaltungskosten sollten runter, das Elterngeld durch das alte Erziehungsgeld ersetzt werden. Die Regierung soll Subventionen einkassieren (Steinkohle, Filmförderung, Öko-Landwirtschaft) sowie fünf Eurofighter weniger bauen - und schon wäre die Summe beisammen, glaubt der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Karl Heinz Däke: "Wenn es die Bundesregierung nicht schafft, ist der Deutsche Bundestag gefragt, für spürbare Ausgabenkürzungen im Bundeshaushalt 2010 zu sorgen." Heißt: Das Parlament soll die Regierung stoppen.

Im Haushalt 2010 lauert ein Rekorddefizit von 85,8 Milliarden Euro. Schäuble kündigte an, ab 2011 massiv sparen zu wollen.

Der Wirtschaftsweise Wolfgang Wiegard hält angesichts der dramatischen Haushaltslage sogar Steuererhöhungen für möglich. Im Deutschlandradio Kultur kritisierte Wiegard, dass die schwarz-gelbe Koalition die Steuern sogar senken wolle. Das sei "nicht zu rechtfertigen", sagte der Experte, der Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist. Er plädierte für Ausgabenkürzungen. Doch wenn die Sanierung des Haushalts so nicht gelinge, werde es letztlich Steuererhöhungen geben müssen. Er glaube, "dass die Bürger dafür Verständnis haben", sagte Wiegard.

Der FDP-Finanzexperte im Bundestag, Frank Schäffler, hat heftige Kritik an der Haushaltsplanung von Schäuble geübt. "Die geplante Ausgabensteigerung des Haushaltes 2010 von 7,3 Prozent ist nicht akzeptabel", sagte der Obmann der Fraktion im Finanzausschuss dem "Handelsblatt". Der Etat müsse eigentlich um mindestens 17,5 Milliarden Euro gekürzt werden, um den Koalitionsvertrag einzuhalten. "Es wäre ein schlechter Start der neuen Regierung, wenn sie bereits im ersten Jahr haushaltspolitisch sündigen würde", sagte Schäffler.

Der FDP-Politiker verwies auf "die goldenen Regeln" des Koalitionsvertrages, nach denen die Ausgaben nicht stärker steigen dürfen als das reale Bruttoinlandsprodukt. Danach dürften die Ausgaben des Bundes um maximal 1,6 Prozent steigen und nicht um 7,3 Prozent.

Trotz aller Empörung und Kritik schweigt Finanzminister Schäuble weiter zu seinen Sparplänen. Zwar räumte er im ZDF ein, dass 2011 etwa 25 bis 30 Milliarden fehlen könnten und durch hartes Sparen kompensiert werden müssen. Das Wie ließ er aber offen. Gute Vorschläge würden schnell zerredet, sagte Schäuble. Er wies den Vorwurf zurück, Union und FDP wollten mit ihrer Sparliste bis nach den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen im Mai 2010 warten. Mit Blick auf den künftigen Sparkurs sagte er: "Was das sein wird, muss man sorgfältig prüfen."