Wer bittere Tropfen schlucken muss, dem gibt man einen Löffel Zucker dazu. Das ist ein altes Hausrezept, das für alle Lebenslagen gilt. Das quengelnde Kind bekommt ein Stück Schokolade, damit es ruhig ist, die eingeschnappte Ehefrau den unvermeidlichen Blumenstrauß, der in Ungnade gefallene Chef wird (weg-) befördert. Übersetzt in die Politik heißt das: Der renitente Ministerpräsident Peter Harry Carstensen aus Schleswig-Holstein bekommt mehr Geld für die Bildung, damit er die Steuerausfälle verkraftet, die ihm die aufgedrückten Steuersenkungen bescheren. Alle Beteuerungen, dieses sei kein Koppelgeschäft, sind wie immer reine Makulatur.

Man achte diesmal nicht nur auf den versüßten Geschmack (eine Finanzspritze), sondern vor allem auf die Verpackung, die Bildung heißt. In Zeiten, wo es Ländern und Kommunen an allen Ecken fehlt, ist es die Bildung, der die Bundesregierung so zeitnah zur Abstimmung im Bundesrat über die umstrittenen Steuerentlastungen unter die Arme greifen will. Bildung gehört zu den positiv besetzten Themen, über deren Förderung nicht diskutiert wird und die auch nicht abgelehnt werden kann - egal wo das Geld letztlich herkommt. Auf diese Weise traut sich auch niemand ernsthaft, die geplante Kindergelderhöhung infrage zu stellen, selbst wenn die Kommunen für die Finanzierung wiederum nötige Kindergärtnerinnen entlassen müssen. Jeder, der den Solidaritätszuschlag infrage gestellt hat, ist gescheitert, auch wenn es eine versteckte "Wiedervereinigungsextrasteuer" ist. Als die rot-grüne Regierung 1999 die Mineralölsteuer um sechs Pfennig pro Jahr bis 2003 erhöhte, nannte sie es Öko-Steuer, obwohl der Mehrwert für die Umwelt zweifelhaft ist. Doch bei Umwelt, Solidarität, Kinder, Bildung fallen Gegenargumente eben schwer. Die werden jetzt auch dem wackeren Peter Harry Carstensen fehlen.