Der 89 Jahre alte Angeklagte soll einen Infekt haben. Der Gefängnisarzt hat John Demjanjuk für transportunfähig erklärt.

München. Der Münchner Prozess gegen den mutmaßlichen NS-Verbrecher John Demjanjuk ist am Mittwoch wegen einer Erkrankung des Angeklagten ausgesetzt worden. Bei dem 89-jährigen lägen Anzeichen für einen Infekt vor, teilte der Vorsitzende Richter Ralph Alt mit. „Er klagt über Kopf- und Gliederschmerzen.“

Der Arzt der Justizvollzugsanstalt habe Demjanjuk deshalb für transportunfähig erklärt. Er wurde deshalb am dritten Prozesstag, nicht ins Gerichtsgebäude gebracht. Demjanjuk soll 1943 im Vernichtungslager Sobibor im besetzten Polen bei der Ermordung von 27 900 Juden geholfen haben.

Als „gefühllos“ und „unbarmherzig“ wurde Demjanjuk zuvor von der Anklage beschrieben. Staatsanwalt Hans-Joachim Lutz warf ihm vor dem Münchner Schwurgericht vor, als Wachmann im Vernichtungslager Sobobor 1943 bereitwillig den SS-Leuten geholfen zu haben, „weil er selbst deren Tötung aus rasseideologischen Gründen wollte“.

Am Mittwoch sollen auch Nebenkläger aussagen. Der Sobibor-Überlebende Thomas Blatt sagte am Dienstag: Einige sähen in Demjanjuk einen alten, kranken Mann. „Ich sehe auch einen Mann, der die Juden in die Gaskammern gebracht hat.“ Die ukrainischen SS-Helfer als Opfer mit den jüdischen Arbeitshäftlingen auf eine Stufe zu stellen, wie dies Demjanjuks Wahlverteidiger Ulrich Busch getan hatte, sei „idotisch“: Ein so schlechter Scherz könne nur einem „völligen Idioten“ einfallen, sagte der Sobibor-Überlebende.

Die Verteidigung hatte zum Auftakt des zweiten Prozesstages die sofortige Einstellung des Verfahrens beantragt, nachdem sie schon zum Auftakt das Schwurgericht und die Staatanwaltschaft wegen Befangenheit abgelegt hatte. Die deutsche Justiz sei nicht zuständig.

Der Prozess sei rechtsstaats- und verfassungswidrig. Demjanjuk sei schon 1993 in Israel vom Vorwurf des Mordes in Sobibor freigesprochen worden. Auch seine „Zwangsdeportation“ aus den USA im Mai sei illegal gewesen. Das Gericht will später über die Anträge entscheiden. (abendblatt.de/dpa/AP)