Er hat sich lange davor gewährt, doch jetzt muss sich der mutmaßliche NS-Verbrecher John Demjanjuk vor Gericht verantworten.

München. Der mutmaßliche NS-Verbrecher John Demjanjuk muss sich von diesem Montag an wegen Beihilfe zum zigtausendfachen Mord vor dem Landgericht München II verantworten. Es dürfte einer der letzten großen NS-Verbrecherprozesse weltweit werden. Bis Mai 2010 sind 35 Verhandlungstage angesetzt.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 89-jährigen Angeklagten vor, als Wachmann 1943 im Vernichtungslager Sobibor im besetzten Polen bei der Ermordung von mindestens 27 900 Juden geholfen zu haben. Zum Auftakt wird auch eine Gruppe von Nebenklägern erwartet, die ihre Angehörigen in den Gaskammern von Sobibor verloren haben.

Demjanjuk sitzt seit seiner Abschiebung aus den USA im Mai in München-Stadelheim in Untersuchungshaft. Im Oktober hatte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Verfassungsbeschwerden des gebürtigen Ukrainers abgewiesen und damit den Weg für den Prozess frei gemacht. Ein SS-Ausweis mit der Nummer 1393 gilt als Hauptbeweismittel.„Abkommandiert am 27.3.43 Sobibor“ ist handschriftlich darauf notiert. Dennoch hat Demjanjuk früher bestritten, überhaupt je Wachmann gewesen zu sein. Seit er in München ist, hat er sich nicht geäußert. Seine Anwälte zweifeln an, dass ihr Mandant der Demjanjuk ist, dem der Dienstausweis gehörte. Des Weiteren soll eine Verlegungsliste von 1943 nachweisen, dass Demjanjuk damals nach Sobibor verlegt wurde. Die Anwälte bezweifeln die Echtheit der Papiere.

Schon jetzt ist klar, dass es keinen kurzen Prozess geben wird. Ein ärztliches Sachverständigengutachten attestierte Demjanjuk Anfang Juli zwar Verhandlungsfähigkeit. Es schränkte aber ein, dass gegen ihn je Prozesstag nicht länger als zweimal 90 Minuten verhandelt werden darf - insgesamt also nicht mehr als drei Stunden. Außerdem hat sich Demjanjuk bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert, so dass ein langwieriger Indizienprozess zu erwarten ist.