Gegen den mutmaßlichen NS-Verbrecher John Demjanjuk ist Mordanklage erhoben worden. Er soll als Wachmann im Vernichtungslager Sobibor im besetzten Polen 1943 Beihilfe zum Mord an 27 900 Juden geleistet haben, wirft ihm die Staatsanwaltschaft München vor.

München. Der 89-Jährige sitzt seit seiner Abschiebung aus den USA im Mai in München in Untersuchungshaft. Ein Termin für den Prozessbeginn steht noch nicht fest. Demjanjuks Anwalt Günther Maull sagte, er rechne nicht vor Ende September damit.

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass es wahrscheinlich kein kurzer Prozess wird. Ein ärztliches Gutachten attestierte Demjanjuk zwar Verhandlungsfähigkeit, schränkte aber die tägliche Dauer auf maximal zweimal 90 Minuten ein. Da sich Demjanjuk auch noch nicht zu den Vorwürfen geäußert hat, ist ein langer Indizienprozess möglich. Hauptbeweismittel der Ankläger ist ein SS-Dienstausweis. Zudem geht aus einer Liste von 1943 hervor, dass Demjanjuk nach Sobibor verlegt wurde. Der Ukrainer Demjanjuk war 1942 in deutsche Gefangenschaft geraten. Im SS-Ausbildungslager Trawniki wurde er zum Wachmann ausgebildet. 1952 konnte Demjanjuk als angebliches Nazi-Opfer in die USA ausreisen. In den 70er-Jahren kam der Verdacht auf, er könnte "Iwan der Schreckliche" im NS-Lager Treblinka gewesen sein. 1986 wurde er von den USA an Israel ausgeliefert und dort wegen der Beihilfe zum Mord an mehr als 800 000 Juden zum Tode verurteilt.

Demjanjuk bezeichnete sich jedoch stets als Opfer einer Verwechslung. 1993 wurde das Todesurteil aufgehoben, weil Beweise auftauchten, die diese Zweifel bestätigten.