Berlin. Angebliche Pläne, in Deutschland eine Pkw-Maut einzuführen, haben gestern für eine Welle der Aufregung in Berlin gesorgt. "Wir wollen, dass das Straßennetz stärker durch die Nutzer finanziert wird", hatte der neue Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) in einem Interview mit der "Passauer Neuen Presse" gesagt und wörtlich hinzugefügt: "Die Lkw-Maut war ein Anfang." Um alle Handlungsoptionen zu prüfen, so Ramsauer weiter, werde man "in Kürze eine Expertenkommission einsetzen".

Beifall erhielt Ramsauer umgehend von zwei Unions-Politikern aus Schleswig-Holstein. Christian von Boetticher, der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Kieler Landtag, erklärte: "Wenn die Bürger durch den Wegfall der Kfz-Steuer und eine Senkung der Mineralölsteuer mindestens in gleicher Höhe entlastet werden, dann kann das ein guter Ansatz sein." Der verkehrspolitische Sprecher Hans-Jörn Arp ergänzte, Voraussetzung müsse allerdings sein, dass Schleswig-Holstein dadurch zusätzliche Mittel für den schnelleren Neubau der wichtigen Verkehrsprojekte "wie zum Beispiel die A 20, die B 5 und die A 21, sowie die Hinterlandanbindung der Fehmarnbeltquerung" erhalte.

Baden-Württembergs designierter Ministerpräsident Stefan Mappus sprach sich ebenfalls für die Einführung der Pkw-Maut aus. "Ich hoffe, dass wir das noch in dieser Legislaturperiode durchsetzen können, denn jedes Jahr ohne Maut ist ein verlorenes Jahr", sagte der CDU-Politiker der "Financial Times Deutschland". Mappus schlug vor, die Kfz-Steuer zu streichen und die Mineralölsteuer zu senken. Die deutschen Steuerzahler würden dann nach Einführung der Maut im Durchschnitt so viel zahlen wie bisher. "Aber durch die ausländischen Nutzer hätten wir über Nacht 20 Prozent Mehreinnahmen."

Angesichts des großen negativen öffentlichen Echos ruderte Ramsauer dann allerdings gestern eilig wieder zurück. Von einer Pkw-Maut sei im Koalitionsvertrag nirgends die Rede, sagte Ramsauer in Berlin, das Thema stehe "deshalb auch nicht auf der Tagesordnung".

Dirk Fischer, der verkehrspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, sprang Ramsauer mit der Bemerkung bei, der Minister sei "überinterpretiert" worden. Fischer sagte dem Abendblatt: "Zur Pkw-Maut ist nichts vereinbart, und es steht auch nichts auf der Agenda!"

Auch die SPD lehnt eine Pkw-Maut auf Autobahnen entschieden ab. Der für Verkehr zuständige stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Florian Pronold, argwöhnte gegenüber dem "Spiegel", die Bundesregierung plane, mit dem Erlös aus einer Pkw-Maut ihre "Steuergeschenke" zu finanzieren: "Dann zahlen die Pendler die Zeche für die Ärzte und Rechtsanwälte." Pronold weiter: "Die CSU wird damit denselben Schiffbruch erleiden wie bei der Pendlerpauschale. Erst werfen sie etwas in den Ring, dann wollen sie es nicht gewesen sein."

Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Karl-Heinz Däke, nannte die Pkw-Maut "völlig unausgegoren". Es könne nicht sein, so Däke gegenüber der "Leipziger Volkszeitung", "dass die deutschen Autofahrer wie bei der Lkw-Maut zur Anschaffung eines technischen Erfassungsgerätes gezwungen werden, während andererseits ausländische Autofahrer dann weiter kostenfrei durch Deutschland fahren." Wenn überhaupt, dann komme nur eine Vignettenpflicht wie in Österreich infrage. "Aber nur, wenn zeitgleich die Kfz-Steuer abgeschafft und die Mineralölsteuer gesenkt wird."