Der Wirbel um eine angebliche Bevorzugung von Politikern bei der Schweinegrippe-Impfung wird laut Experten Folgen haben.

Berlin. Die Bundesregierung hat Vorwürfe zurückgewiesen, sie sichere sich bei der Schweinegrippe-Impfung die Versorgung mit einem besseren Impfstoff. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte, Meldungen, wonach für Politiker der Bundesregierung ein Sonderimpfstoff bestellt worden sei und es eine Zwei-Klassen-Versorgung gebe, entbehrten jeder Grundlage.

Richtig sei, dass die Bundesverwaltung bereits im vergangenen Jahr für Teile ihrer Angehörigen wie Soldaten, Bundespolizei und die fast 70.000 Mitarbeiter der Krisenstäbe einen eigenen Vertrag mit dem US-Hersteller Baxter abgeschlossen habe. Der Impfstoff Celvapan des Herstellers Baxter enthält im Gegensatz zum Mittel Pandemrix, das die Länder für die Bevölkerung bestellt haben, keinen Wirkverstärker und gilt deshalb als verträglicher.

Wilhelm betonte, es gebe "keinen besseren oder schlechteren Impfstoff". Alle zugelassenen Impfstoffe gegen die Schweinegrippe hätten die Kriterien erfüllt, die an "Wirksamkeit, Qualität und Unbedenklichkeit gestellt werden". Laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung setzt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) trotz des für die Bundesregierung bestellten Impfstoffes auf ihren Hausarzt, von dem sie den Massen-Impfstoff Pandemrix bekommen soll.

Der Hallenser Virologe Alexander Kekulé befürchtet durch die nun entbrannte Debatte um zweierlei Impfstoffe für Bundesverwaltung und Bevölkerung, dass viele bislang unentschlossene Menschen aus Verunsicherung gar nicht mehr zur Impfung gehen wollen. "Und das ist eigentlich der höchste Preis, den wir zahlen können, wenn wir nämlich nicht mehr diese Chance haben, diese Pandemie durch eine allgemeine Impfung zu beenden", sagte Kekulé im NDR. Der Virologe hatte den Impfstoff Pandemrix wegen seiner Nebenwirkungen zuvor selbst heftig kritisiert.

Der Vorstandschef der Barmer Ersatzkasse, Johannes Vöcking, sagte, dass die gesetzlichen Kassen finanzielle Rückforderungen an die Länder stellen würden, wenn der georderte Impfstoff nicht verbraucht werde und sich nicht weiter verkaufen lasse. Die Kassen müssen die Kosten für die Immunisierung von 50 Prozent ihrer Versicherten tragen und haben dafür bereits 600 Millionen Euro vorgeschossen. Insgesamt kosten die bestellten 50 Millionen Dosen rund eine Milliarde Euro.

Am kommenden Montag läuft die freiwillige Massenimpfung gegen die Schweinegrippe in Deutschland an. Seit gestern wird der Impfstoff ausgeliefert. In der ersten Woche können sich zunächst allerdings nur Angehörige des sogenannten Schlüsselpersonals impfen lassen. Dabei handelt es sich um Beschäftigte in Gesundheitswesen und Wohlfahrtspflege, bei Polizei und Feuerwehr.

In der folgenden Woche, also ab 2. November, sind sogenannte medizinische Risikogruppen an der Reihe. Darunter versteht man Erkrankte beispielsweise mit schweren Atemwegsinfektionen oder Immunschwäche, die an der Schweinegrippe sterben könnten. Ab Mitte November kann sich dann jeder Interessierte impfen lassen. Zu diesem Zeitpunkt wird auch entschieden sein, ob zwei Impfdosen im Abstand von mehreren Wochen nötig sind, oder für Erwachsene unter 60 auch eine Dosis ausreicht.