Abendblatt.de-Interview mit dem neuen Gewerkschaftschef. Was Michael Vassiliadis von der neuen Bundesregierung erwartet..

Hannover/Hamburg. Mit 334 von 349 Delegiertenstimmen wählte die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) Michael Vassiliadis (45) zum Nachfolger von Hubertus Schmoldt an ihre Spitze. Das Interview auf abendblatt.de:

abendblatt.de: Herr Vassiliadis, die neue Bundesregierung will mit einer Flexibilisierung des Arbeitsmarktes eine drohende Entlassungswelle infolge der Wirtschaftskrise abwenden. Welche Ideen hat die IG BCE, um die Arbeitsplätze zu sichern und Neueinstellungen für Unternehmen attraktiver zu machen?

Michael Vassiliadis: Arbeitsplätze zu sichern und Arbeitslosigkeit zu bekämpfen sind unsere wichtigsten politischen Ziele. Zauberformeln gibt es nicht, erforderlich ist ein ganzes Bündel von Maßnahmen. Es geht gerade vor dem Hintergrund der Krise auch darum, wieder mehr Ausbildungsplätze zu schaffen. Wir müssen zugleich das Problem der Übernahme entschärfen. Es macht keinen Sinn, gut ausgebildete junge Menschen auf die Straße zu schicken.

abendblatt.de: Die IG BCE galt mit Hubertus Schmoldt als besonnen und sorgsam im Umgang mit dem Tarifpartner. Muss die Gewerkschaft vor drohenden Auseinandersetzungen um Kündigungsschutz und Arbeitsbedingungen im Ton nicht forscher werden? Auch um neue Mitglieder zu werben?

Michael Vassiliadis: Offenbar gibt es in Berlin Bestrebungen, die Mitbestimmung von Arbeitnehmern, Betriebsräten und ihren Gewerkschaften einzuschränken. Wir erwarten von der Bundeskanzlerin eine klare Aussage, sie wird ja am Mittwoch auf unserem Kongress sprechen. Wir erwarten, das Arbeitnehmerrechte nicht angetastet werden.

abendblatt.de: Die chemische Industrie und die Energiebranche gelten als starke und innovative Wirtschaftsbereiche. Die Chemie sollte gerade von der Abwrackprämie profitiert haben. Was erwarten Sie sich von der Energiepolitik der neuen Bundesregierung, speziell im Hinblick auf die Laufzeiten der Atomkraftwerke?

Michael Vassiliadis: Wir brauchen einen neuen Energiekonsens, der langfristig die Weichen stellt für eine ausgewogene, sichere, preisgünstige und umweltverträgliche Versorgung. Darüber sollten Regierung, betroffene Unternehmen, gesellschaftliche Gruppen und Gewerkschaften gemeinsam beraten.