Schüler aus Lurup sprachen mit Guido Westerwelle über Sicherheit von Kernkraft, die Bedeutung von Reichtum und das Gefühl von Gerechtigkeit.

Eric Wielgoß: Herr Westerwelle, welche Sprachen lernen Sie gerade?

Guido Westerwelle: Ich lerne zurzeit gar keine Sprache. Ich versuche mein Englisch wieder etwas aufzubessern. Aber das geht nur durch Praxis. Früher habe ich öfter freie Reden auf Englisch gehalten. Ich muss da erst wieder reinkommen. Aber wenn ich mal zwei, drei Tage in einem englischsprachigen Land bin, dann ist das sehr schnell alles wieder da.

Eric Wielgoß: Sprechen Sie mit Ihrem Lebenspartner darüber, welche Aufgaben nach der Bundestagswahl auf Sie zukommen könnten?

Westerwelle: Das tue ich, ja. Dass man über seine Ziele in der Politik mit seinem Partner spricht, das ist doch völlig normal.

Eric Wielgoß: Sie könnten der erste bekennende schwule Außenminister werden. Oder kennen Sie noch einen anderen?

Westerwelle: Erst einmal geht es jetzt noch nicht darum, wer was wird. Ich werde auch dem Hamburger Abendblatt nicht den Gefallen tun, hier eine Postendiskussion zu beginnen, auch wenn ihr ganz scharf darauf seid.

Hamburger Abendblatt: Schade.

Westerwelle: Erst mal muss eine Wahl gewonnen werden. Und dann wird entschieden, wer an welcher Stelle am besten dem Land dienen kann. Ich sehe nicht, dass ich von einer bestimmten Arbeit ausgeschlossen wäre, nur weil ich mit einem Mann zusammenlebe. In Deutschland ist es Gott sei Dank so, dass man die Politiker nicht danach bewertet, wen sie lieben, sondern danach, ob sie eine ordentliche Arbeit machen. So, wie jeder von euch sich sein Recht herausnimmt, seinen Traum vom Glück zu leben, nehme ich auch mir dieses Recht heraus. Wir sind eine tolerante Gesellschaft.

Eric Wielgoß: Da stimme ich Ihnen zu. Würden Sie als Außenminister Ihren Freund Michael Mronz auf einem Staatsbesuch nach Islamabad mitnehmen?

Westerwelle: Wenn man sich die offiziellen Reisen ansieht, die ich schon gemacht habe, bin ich da ganz zuversichtlich. Bei meinen bisherigen internationalen Begegnungen ist das nie ein Problem gewesen. Stellt euch mal vor, wir dürften die Bundeskanzlerin nicht in Länder schicken, wo Frauen nicht die gleichen Rechte haben wie Männer. Das wäre doch völlig absurd. Wer unser Länd repräsentiert, entscheiden wir Deutsche und niemand sonst.

Melissa Kühn: Der Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan wird nach acht Jahren fraglich. Holen Sie die deutschen Soldaten zurück, wenn Sie regieren?

Westerwelle: Wir wollen, dass die Bundeswehr so schnell wie möglich aus Afghanistan abziehen kann. Aber wir wollen auch, dass das nicht kopflos und überstürzt geschieht. Wir dürfen die Menschen dort nicht den Taliban überlassen. Sonst wäre Afghanistan sofort wieder das Rückzugs- und Organisationsgebiet der ganzen Terroristen der Welt. Wir sind zuallererst in Afghanistan, weil wir damit unsere eigene Sicherheit in Europa schützen.

Melissa Kühn: Würden Sie genauso reden, wenn Ihr Bruder in Afghanistan wäre?

Westerwelle: Ja. Denn nach Afghanistan werden ja keine Wehrpflichtigen geschickt, sondern Berufssoldaten. Wehrpflichtige dorthin zu schicken, wäre unverantwortlich. Wissen Sie: Jeder, der bei der Afghanistan-Frage Verantwortung trägt, hat auch schlaflose Nächte. Die Entscheidung für den Einsatz ist niemandem leicht gefallen, weder Frau Merkel noch Herrn Steinmeier, noch dem früheren Außenminister Fischer, noch mir.

Abendblatt: Die schlaflosen Nächte, ist das nur so eine Formulierung, oder stimmt das bei Ihnen, dass Sie manchmal deswegen wach liegen?

Westerwelle: Das stimmt. Es gibt Entscheidungen, die gehen weit mehr in die Seele hinein als andere politische Entscheidungen, die man jeden Tag treffen muss. Auslandseinsätze der Bundeswehr werden ja nicht von der Regierung entschieden, sondern vom Parlament. Der Bundestag hat bei der Afghanistan-Frage Ja gesagt. Und ich stehe zu diesem Ja. Und wenn ich die Bilder aus Afghanistan sehe, auch die von Verletzten, dann geht mir das nah.

Abendblatt: Brauchen wir einen Zeitplan für einen Abzug?

Westerwelle: Von Jahreszahlen halte ich nicht viel. Ich unterstütze da die Bundeskanzlerin und den Außenminister. Beide haben klar erklärt, dass wir nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag dort bleiben wollen. Aber wir brauchen zuerst eine sich selbst tragende Sicherheit. In Afghanistan muss es Polizeistrukturen geben, mit denen man Gewalt und Terrorismus bekämpfen kann. Leider ist die Große Koalition ihren internationalen Verpflichtungen für den Aufbau der afghanischen Polizei lediglich etwa zur Hälfte nachgekommen.

Melissa Kühn: Haben Sie eine Vorstellung, wie Afghanistan ein friedliches Land werden kann?

Westerwelle: Indem wir den zivilen Aufbau mit militärischer Absicherung vorantreiben und indem demokratische Strukturen wachsen.

Abendblatt: Wenn die Bundeswehr Zivilisten tötet in Afghanistan - steigt dann die Gefahr eines Terroranschlags in Deutschland?

Westerwelle: Ich bin da vorsichtig, was den von der Bundeswehr veranlassten Nato-Luftangriff auf die Tanklaster betrifft: Wenn Fehler gemacht worden sind, steht Deutschland dafür auch gerade, und zwar in jeder Hinsicht.

Abendblatt: Was meinen Sie damit?

Westerwelle: Ich spreche von Entschädigungen für die Familien und Angehörigen der Opfer. Das wäre eine Selbstverständlichkeit. Aber wir wissen noch zu wenig über das, was wirklich war.

Anton Börnert: Würden Sie ohne Bedenken neben einem Atomkraftwerk wohnen?

Westerwelle: Ja.

Anton Börnert: Auch neben dem Reaktor Krümmel?

Westerwelle: Ja, sicher.

Anton Börnert: Mit dieser Antwort habe ich echt nicht gerechnet. Zeigen die Pannen in Krümmel nicht, dass man so schnell wie möglich aus der Atomenergie aussteigen sollte?

Westerwelle: Wenn ein Trafo brennt, heißt das noch lange nicht, dass eine radioaktive Gefahr entsteht. Der Krümmel-Betreiber Vattenfall hat da vieles falsch gemacht, keine Frage. Ich möchte doch auch, dass wir das Zeitalter der erneuerbaren Energien erreichen. Daran arbeite ich. Aber wir sind noch nicht so weit. Und ich kann keinen ökologischen Fortschritt darin erkennen, wenn wir in Deutschland die sichersten, modernsten, besten Energietechniken der Welt abschalten, um am Tag danach Strom aus viel unsichereren Kraftwerken aus dem Ausland einzukaufen.

Abendblatt: Aber die Pannenserie in Krümmel ärgert Sie schon, oder?

Westerwelle: Die ärgert mich enorm. Dass man sich so leichtfertig beim Wiederanfahren des Reaktors verhalten hat, ist inakzeptabel. Aber ich sage es noch einmal. Ein Zwischenfall ist noch lange kein Störfall.

Anton Börnert: Ist denn die Endlagerfrage geklärt?

Westerwelle: Nein, die ist bisher nicht geklärt. Deswegen müssen wir die Erforschung von Gorleben fortsetzen. Auch da muss ich Ihnen sagen, Herr Börnert: Selbst wenn wir sofort heute aus der Kernkraft aussteigen würden, wenn wir alles abschalten würden, müssten wir diese Frage des Endlagers klären. Das hätte längst geschehen müssen. Seit elf Jahren passiert da nichts. Erst bei Rot-Grün, dann bei Schwarz-Rot wurde in Sachen Endlager nur geschlampt und nichts gemacht.

Anton Börnert: Denken Sie denn, dass die FDP die Endlagerfrage klären kann?

Westerwelle: Ja.

Anton Börnert: Uran-235 hat eine Halbwertszeit von rund 703 800 000 Jahren ...

Westerwelle: ... Danke für den Hinweis.

Anton Börnert: Wir können gerade einmal die letzten 2000 Jahre unserer Geschichte ein wenig überblicken. Vor diesem Hintergrund ist die Endlager-Frage meiner Meinung nach komplett illusorisch.

Westerwelle: Es ist Ihr gutes Recht, diese Meinung zu vertreten. Aber Sie haben doch von mir gehört, dass ich eine andere Meinung vertrete, weil wir ohne Energie auch nicht leben können.

Anton Börnert: Das ist mir schon klar.

Westerwelle: Wir müssen abwägen, was die Alternative ist. Machen Sie mir doch mal einen Vorschlag, wie der Energiebedarf in Deutschland gedeckt werden soll, wenn wir alles abschalten? Haben Sie da eine Vorstellung?

Anton Börnert: Ich denke auch, dass es unmöglich ist, jetzt sofort aus der Atomenergie auszusteigen.

Westerwelle: Nichts anderes habe ich gerade gesagt.

Anton Börnert: Halten Sie Gorleben als Endlager für abdichtbar?

Westerwelle: Ich habe eben gesagt, dass das erforscht werden muss. Wenn wir das schon wüssten, bräuchten wir nichts zu erforschen.

Jonas Renner: Warum wollen Sie eigentlich mit der CSU regieren - einer Partei, die Ihnen "geistige Windstille" vorwirft?

Westerwelle: Ich mache mir nicht aus jedem Zwischenruf etwas. Ich bin Rheinländer und in meiner Gelassenheit unerschöpflich.

Jonas Renner: Will die Union denn mit Ihnen regieren?

Westerwelle: Angela Merkel hat erklärt, dass sie ein Bündnis mit der FDP bilden möchte. Ich setze darauf, dass das für alle wesentlichen Kräfte in der Union gilt.

Jonas Renner: Sie vertrauen der Union nicht, die Union vertraut Ihnen nicht - was kann eine schwarz-gelbe Koalition da bewirken?

Westerwelle: Die FDP wird, wenn es gut läuft, ein überzeugendes Wahlergebnis bei der Bundestagswahl bekommen. Aber allein können wir nicht regieren, und die Schnittmengen mit der Union sind am größten. Und wenn Sie mich ganz privat fragen, ob mich gelegentlich morgens beim Frühstückstisch mancher Zwischenruf von den Schwarzen ärgert: Ja! Aber ich beantworte nicht jedes Foul mit einem Gegenfoul.

Jonas Renner: 2005 wollten die Deutschen nicht von Merkel und Westerwelle regiert werden. Warum sollte das 2009 anders sein?

Westerwelle: Weil wir besser geworden sind.

Jonas Renner: Inwiefern?

Westerwelle: 2005 haben viele Bürger gedacht, dass die Große Koalition eine Alternative zur bisherigen Politik sein könnte. Vier Jahre später denkt die große Mehrheit der Deutschen, dass die Große Koalition keine großen Probleme löst, sondern nur Klein-Klein regiert und die Bürger immer stärker abkassiert. Deswegen muss die Große Koalition beendet und ein Linksbündnis verhindert werden. Ich setze auf eine schwarz-gelbe Mehrheit.

Abendblatt: Wenn es die aber nicht gibt und Sie eine linke Mehrheit verhindern wollen, wäre dann nicht eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und Liberalen besser für Deutschland?

Westerwelle: Die Programme von SPD und Grünen passen nicht zum Programm der FDP. Ich habe doch persönlich nichts gegen Herrn Steinmeier. Aber das Problem von Herrn Steinmeier hat drei Buchstaben: SPD. Sozialdemokraten und Grüne setzen auf mehr Belastungen und höhere Steuern insbesondere der Mittelschicht. Wir wollen eine Entlastung der Bürger.

Abendblatt: Also ist Rot-Rot-Grün besser für Deutschland als eine Ampel?

Westerwelle: Wenn es keine bürgerliche Mehrheit aus FDP und Union gibt, dann haben wir im nächsten Bundestag eine linke Mehrheit. Ich sage Ihnen voraus, dass es direkt nach der Bundestagswahl einen Generationenwechsel bei der SPD gibt. Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit wird nach dem Kanzleramt greifen und zusammen mit den Grünen und der Linkspartei auf ein linkes Bündnis setzen. Da ist die FDP nicht der nützliche Idiot im Sinne Lenins, der die Leiter für eine Linksregierung hält.

Abendblatt: Dann wäre eine linke Mehrheit über viele Jahre manifestiert. Wie lange hält die FDP es aus, immer so knapp eine Regierungsbeteiligung zu verpassen?

Westerwelle: Wir haben doch beste Chancen. Der Zulauf zur FDP ist groß. Ich kann nur immer wieder für unser Programm werben - für eine Entlastung vor allem der Familien, für eine bessere Bildung, für mehr Respekt vor den Bürgerrechten und für neue Abrüstungsinitiativen in der Welt.

Svenja Hügel: Wenn ich Sie sehe, fällt mir sofort die "18" auf Ihren Schuhsohlen ein. Ist Ihnen das heute peinlich?

Westerwelle: Können Sie sich daran noch erinnern?

Svenja Hügel: Ja

Westerwelle: Wie alt sind Sie jetzt?

Svenja Hügel: 17.

Westerwelle: Dann bin ich beeindruckt, dass Sie mit zehn Jahren so genau hingesehen haben.

Svenja Hügel: Wir haben bei uns am Frühstückstisch darüber geredet. Meine Eltern hatten das mitbekommen. Auch wenn man heute nach Ihnen googelt, wird die "18" auf den Schuhsohlen immer noch mit Ihnen in Verbindung gebracht.

Westerwelle: Mir ist es nicht peinlich. Aber wenn Sie die Frage stellen, ob ich es noch mal machen würde: Nein.

Svenja Hügel: Welches Erlebnis hat dazu geführt, dass Sie ausgerechnet in die FDP eingetreten sind?

Westerwelle: Ich war bis zur 10. Klasse auf der Realschule, habe die mittlere Reife gemacht und durfte weiter auf das Gymnasium gehen. Wir fanden als ehemalige Realschüler, dass wir es strukturell auf dem Gymnasium schwer hatten. Um das zu ändern, habe ich mit zwei, drei Kumpels bei der Schülerzeitung angefangen. So kam ich ein bisschen mit Politik in Berührung. Als ich dann auf einer Veranstaltung von Hans-Dietrich Genscher und Otto Graf Lambsdorff in der Bonner Beethovenhalle war, habe ich gedacht: Das sind wir. Das ist unser Lebensgefühl.

Svenja Hügel: Warum gerade die FDP?

Westerwelle: Zum einen wegen der Leistungsgerechtigkeit: Ich finde, man soll etwas davon haben, wenn man sich anstrengt. Zum anderen: Ich wollte immer so leben, wie ich es will, und nicht bevormundet werden. Ich konnte Intoleranz nie ertragen. Meine Lebensregel ist, dass meine Meinung vielleicht das Gegenteil von der Meinung eines anderen sein kann. Aber ich will alles dafür tun, dass er sie sagen darf. Ein positives Verhältnis zu Leistung und ein ausgeprägtes Gefühl für Gerechtigkeit und Toleranz sind die beiden Säulen meines Lebens.

Svenja Hügel: Haben Sie den Eindruck, dass die Jugend heute weniger politisch ist als früher?

Westerwelle: Nein, das habe ich nicht. Ich glaube nur, dass man auch bereit sein muss, mit Jugendlichen da zu diskutieren, wo sie hingehen. Sie haben mich ja eben freundlicherweise auf meine Schuhe angesprochen. Das zielte in diese Richtung. Aber das war eine Schnapsidee.

Abendblatt: Ach ja?

Westerwelle: Jedenfalls im übertragenen Sinne. Es ist mir wichtig, die jungen Menschen anzusprechen, die vielleicht nicht Sabine Christiansen, Anne Will oder Maybrit Illner ansehen. Ich war deshalb auch einer der Ersten, der in eine Sendung mit Stefan Raab gegangen ist.

Svenja Hügel: Sie sagen selbst, dass viele Menschen das Vertrauen in die Politik verloren haben. Warum sollte ich gerade Ihnen vertrauen?

Westerwelle: Weil ich vor vier Jahren Wort gehalten habe. Wenn Sie sich an meine Schuhe erinnern können, dann doch erst recht an 2005.

Svenja Hügel: Natürlich.

Westerwelle: Ich habe damals vor der Wahl gesagt, dass wir Rot-Grün beenden und nicht verlängern wollen. Dann lud uns Kanzler Gerhard Schröder am Wahlabend ein, einem rot-grünen Bündnis beizutreten. Aber kein Posten war uns so viel wert, dass wir unser Wort brechen wollten, das wir dem Wähler gegeben hatten.

Eric Wielgoss: Was ändert sich für Schüler und Jugendliche, wenn Sie regieren?

Westerwelle: Ich werde mehr für Bildung tun. Wir brauchen weniger Unterrichtsausfall und mehr Lehrer. Und wir brauchen mehr Begabtenförderung, BAföG und Stipendienprogramme.

Anton Börnert: Der Liberalismus hat auch zur Krise an den Finanzmärkten geführt. Vertreten Sie eine Ideologie, die gescheitert ist?

Westerwelle: Das müssen Sie mir erklären. Wir sind seit elf Jahren in der Opposition. Wo sollen die Liberalen eine Krise verursacht haben?

Anton Börnert: Ständig fordern Sie Freiheiten, aber keine marktkontrollierenden Mechanismen. Das führt ja quasi zum Missbrauch der Märkte.

Westerwelle: Die Partei, die in den letzten elf Jahren für die Regulierung der Finanzmärkte zuständig war, ist die SPD. Für die Bankenaufsicht sind in Deutschland das Bundesfinanzministerium, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Bundesbank zuständig. So wurde das Anfang des Jahrzehnts von Rot-Grün gegen die Stimmen der FDP beschlossen. Wir haben schon damals vor dieser zersplitterten Bankenaufsicht gewarnt.

Svenja Hügel: Was verstehen Sie unter reich?

Westerwelle: Reich ist weit mehr als materieller Reichtum. Ich persönlich glaube, dass ein Mensch nicht über seinen Geldbeutel reich ist, sondern über sein Herz, seine Familie, seine Freunde. Wenn mein Ziel im Leben gewesen wäre, materiell reich zu werden, wäre ich nicht in die Politik gegangen. Dann hätte ich weiter als Anwalt gearbeitet, hätte mich in der Wirtschaft engagiert.

Svenja Hügel: Würden Sie sich selbst als reich bezeichnen?

Westerwelle: Ich bin sehr reich beschenkt. Ich habe das Glück, dass ich eine sehr gute Ausbildung machen konnte und dass ich nicht einsam bin, sondern einen wunderbaren Partner und viele Freunde habe.

Svenja Hügel: Was kaufen Sie sich als Nächstes?

Westerwelle: Wahrscheinlich gleich im Hotel einen schwarzen Tee. Hier habe ich ja keinen bekommen. Aber im Ernst: Das meiste, was ich mir leisten möchte, kann ich mir erlauben. Deswegen dreht sich mein Leben nicht darum, was ich mir als Nächstes kaufe. Mein Leben dreht sich um Zeit auch für Freundschaften. Das hört sich für Sie vielleicht ganz banal an, weil Sie noch sehr viel Zeit für Ihre Freunde haben. Nutzen Sie das auch. Die Freunde, die Sie jetzt finden, werden die besten für Ihr ganzes Leben sein.

Abendblatt: Können Sie drei Dinge benennen, die für Sie zu einem geglückten Tag gehören?

Westerwelle: Mein Lebensgefährte, langes Frühstücken, vorher am besten noch lange laufen gehen. Dann auf einem Markt einkaufen ...

Abendblatt: Das waren aber schon mehr als drei ...

Westerwelle: ...dann koche ich sehr gern für meine Freunde und sitze lange mit ihnen zusammen. Das ist ein perfekter Tag.