Der Angeklagte Fritz Gelowicz berichtet über seine Ausbildung im pakistanischen Terror-Camp. Richter und Bundesanwalt zeigen sich beeindruckt.

Hamburg / Düsseldorf. Seit Anfang Juni waren die Geständnisse der vier Angeklagten mit Spannung erwartet worden. Damals hatten die mutmaßlichen Terrorplaner der sogenannten Sauerland-Gruppe überraschend angekündigt, aussagen zu wollen. Seitdem hatten sie sich viele Male mit Beamten des Bundeskriminalamts (BKA) zu den Vorwürfen geäußert, sie hätten Autobombenanschläge in Deutschland geplant.

Gestern machte vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht der Hauptangeklagte Fritz Gelowicz den Anfang, wenn auch mit einstündiger Verspätung. Der Besucherandrang und die scharfen Sicherheitsvorkehrungen hatten seine Aussage verzögert. Gelowicz saß bei seiner Aussage anders als sonst nicht hinter einer Glasscheibe, sondern am Zeugentisch mitten im Saal.

Der zum Islam konvertierte Ex-Student gestand: "Das Hauptziel sollten amerikanische Soldaten in Deutschland sein." Außerdem sollte ein US-Ziel mit politischer Bedeutung wie ein Konsulat ausgeguckt werden. Laut Gelowicz habe zudem eine "allerletzte Warnung an die deutsche Bevölkerung" ergehen sollen, um den Truppenabzug aus Afghanistan und Usbekistan zu bewirken.

Gelowicz und drei weitere Angeklagte waren im September 2007 nach monatelanger Überwachung in einem Ferienhaus im Sauerland festgenommen worden. Bei ihnen wurden unter anderem 730 Liter Wasserstoffperoxid sichergestellt.

Laut Anklage hatten die Männer genug Chemikalien gehortet, um 550 Kilogramm Sprengstoff herzustellen.

In seiner Aussage schilderte Gelowicz zunächst seinen Einstieg in die islamistische Szene und seine Terrorausbildung in Pakistan. Er beschrieb, wie er nach einer Pilgerreise nach Mekka versuchte, als Kämpfer in den "Dschihad" im Irak oder in Tschetschenien einzusteigen. Nach Aufenthalten in Syrien, der Türkei und im Iran landete Gelowicz nach eigenen Worten im Jahr 2006 mit dem ebenfalls angeklagten Adem Yilmaz zur Ausbildung in einem Lager der usbekischen Extremistengruppe Islamische Dschihad-Union (IJU) im pakistanischen Grenzgebiet.

Dort sei klar geworden, dass man Anschläge in Europa für geeigneter gehalten habe als etwa in Afghanistan. Er sei zum "Leiter der Operation in Deutschland" ernannt worden, so Gelowicz. "Sie mussten mich nicht sehr überzeugen", sagte der 29-Jährige weiter. Man habe ihn keiner Gehirnwäsche unterzogen. "Meine Bedenken waren wohl nur: Können wir das?" Yilmaz und er hätten ihre Zweifel aber beseitigt: "Adem und ich erklärten uns bereit, es zu machen."

Im Lager hätten sie alles Nötige für den bewaffneten Kampf gelernt: "Alles in allem dauerte die Ausbildung drei Monate." Sie seien im "Sicherheitsunterricht" in Techniken der Geheimhaltung ausgebildet worden, "die man für einen Anschlag in einem fremden Land" brauche. Zudem seien Yilmaz und er im Umgang mit Waffen wie Kalaschnikows, Sprengstoff und Zündern geschult worden. Auch "kleinere Sprengübungen" habe es gegeben. Der Unterricht sei aber "nicht sehr professionell" gewesen.

Im Sauerland, berichtete Gelowicz, hätte seine Gruppe sogar bemerkt, dass der Verfassungsschutz sie observierte. "Die konnte man nicht übersehen." Als Komplize Atilla Selek an einem Observationswagen den Reifen zerstochen habe, sei die Überwachung sichtbar abgebrochen worden. "Zehn Autos, die Straße war plötzlich leer." Dennoch hätten sie sich sicher gefühlt und gedacht, dass sie für ihre Verfolger abgetaucht und unsichtbar seien.

Der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling hatte vor Gelowicz' Aussage noch einmal den Umfang der Geständnisse aller vier Angeklagten gelobt: "So etwas habe ich in meiner richterlichen Zeit noch nicht erlebt." Man habe den Eindruck, "dass die Karten ungezinkt auf den Tisch gelegt worden sind". Die Angeklagten hätten ihre Chance genutzt. Er betonte erneut, dass sich solche Geständnisse auch auf das Strafmaß auswirken werden. Breidling zufolge umfassen die Aussagen mit Anhängen 1584 Seiten.

Für Bundesanwalt Volker Brinkmann sind die Aussagen der Angeklagten "sehr interessant". Zentrale Punkte der Anklage würden durch die Geständnisse belegt, sagte er. Sie brächten auch einige neue Erkenntnisse.