Nur 0,3 Prozent der CSU-Mitglieder sind 20 oder jünger. Linke sind im Schnitt am ältesten. Forscher sagen, die Jugend engagiert sich lieber kurzfristig.

Hamburg. Einer Untersuchung der Freien Universität Berlin zufolge, die auf Befragungen der Parteizentralen basiert, weist bei den über 60-jährigen Mitgliedern die Linkspartei mit 54 Prozent den höchsten Anteil auf, gefolgt von CDU (48 Prozent), SPD (46,7), CSU (42,7), FDP (34,9) und den Grünen mit 11,4 Prozent.

1990 lag der Anteil der über 60-Jährigen bei der CDU noch bei 29,2 Prozent, bei der SPD sogar bei 24,6 Prozent. Während die Senioren in den Volksparteien bis in die 90er-Jahre unterrepräsentiert waren, gehören sie etwa in der CDU inzwischen zur mitgliederstärksten Gruppe. Veröffentlicht wurden die aktuellen Zahlen erstmals in der "Zeitschrift für Parlamentsfragen".

Besonders dramatisch ist über alle Parteien hinweg die Lage bei den jungen Mitgliedern. Danach sind etwa bei der CSU nur 0,3 Prozent der Mitglieder 20 Jahre alt oder jünger, immerhin 2,4 Prozent aber schon älter als 85. Bei der CDU sind 0,7 Prozent nicht älter als 20, bei der SPD sind es 0,8 Prozent. Immerhin 1,2 Prozent der FDP-Mitglieder sind 20 oder jünger. Am besten in der Altersklasse stehen noch die Grünen da mit 1,4 Prozent. Für die Linke lagen keine Daten vor.

Auch in der Gruppe der 21- bis 25-Jährigen und 26- bis 30-Jährigen haben die Grünen im Parteienvergleich die jüngste Mitgliederstruktur. Auch hier folgt die FDP, Schlusslicht sind erneut die Christsozialen.

Parteienforscher Wichard Woyke von der Universität Münster hält die schwindende Bindungskraft junger Menschen für einen entscheidenden Grund, warum die Parteien ein Nachwuchsproblem haben. "Die jungen Menschen wollen sich eher in kurzfristigen Projekten engagieren, aber nicht jahrelang. In Parteien und Parlamenten muss man oft jedoch über Jahre arbeiten, um etwas zu erreichen", sagte Woyke dem Abendblatt. Die Parteien müssten "jungen Mitgliedern die Chance geben, schon früh verantwortliche Positionen zu besetzen", forderte Woyke. "Aber die Erwartung, drei Monate nach einem Parteieintritt gleich Vorsitzender zu werden, ist natürlich absurd."

Stefan Müller, mit 33 Jahren jüngster direkt gewählter CSU-Abgeordneter im Bundestag, würde gern die innerparteilichen Strukturen verändern, um mehr junge Menschen für die Parteien zu begeistern. "Bei den Beteiligungsformen müssen sich die Parteien verändern. Ich wäre in der CSU beispielsweise sehr für Mitgliederbefragungen", sagte Müller dem Abendblatt. Der CSU-Politiker ist überzeugt: "Die Attraktivität der Basisverbände ist entscheidend."

Es ist nicht allein das Nachwuchsproblem, das den Parteien Sorgen bereitet. Die Volksparteien CDU, CSU und SPD verlieren gleichzeitig weiter an Mitgliedern. Am stärksten traf es 2008 wie in den Jahren zuvor die SPD (520 969 Mitglieder, minus 3,5 Prozent im Vergleich zu 2007), aber auch CDU (528 972, minus 1,4) und CSU (162 533, minus 2,3) müssen einen deutlichen Mitgliederschwund hinnehmen. Über Zuwächse freuen konnten sich dagegen Die Linke (76 031 Mitglieder, plus 6,0 Prozent), die FDP (65 600, plus 2,4) und die Grünen (45 192, plus 2,0).

Ihre prozentual stärksten Verluste verbuchte die CDU in Niedersachsen (minus 3,3 Prozent) und Bremen (minus 3,0), die SPD in Hessen (minus 4,7 Prozent) und im Saarland (minus 4,6). Mit einem Plus von 12,9 Prozent kam die FDP in Bayern auf einen kräftigen Zuwachs. Die Grünen verbesserten sich am stärksten in Brandenburg (plus 9,2 Prozent).