Finanzminister hat “größte Zweifel“ an der Zusage des Sozialministers: Das richtige Signal für jüngere Generationen?

Berlin. Ein Medienprofi wie er musste wissen, was er mit solchen Formulierungen elf Wochen vor der Bundestagswahl auslösen würde: Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) hat mit scharfer Kritik an der Rentengarantie Teile seiner Partei in Aufregung versetzt und eine neue Grundsatzdebatte vom Zaun gebrochen. Auch wenn sein Sprecher nachher beschwichtigte, der Minister habe sich nicht von der Rentengarantie distanziert, so ließen die Äußerungen Steinbrücks in der "Frankfurter Rundschau" jedenfalls kaum Zweifel daran, was er von dem Beschluss, den sein Parteifreund Olaf Scholz als Sozialminister durchgesetzt hatte, hält - offenbar gar nichts. Er habe "größte Zweifel", ob die Rentengarantie "für nachfolgende Generationen das richtige Signal ist", so Steinbrück in dem Interview, das an jenem Tag erschien, an dem das Gesetz im Bundesrat die letzte Hürde nahm.

Ungewöhnlich offen kritisierte er auch die Aussetzung des Riester-Faktors durch die Große Koalition, die in diesem Jahr zu einer überproportional hohen Rentensteigerung führt. Der Rentnergeneration gehe es "insgesamt so gut wie niemals einer zuvor", stellte Steinbrück dazu fest. "Die Gekniffenen sind die 25- bis 35-Jährigen, die Kinder in die Welt setzen wollen".

Scholz erklärte in der "Süddeutschen Zeitung", die Garantie wende sich gegen Negativprognosen schlauer Professoren und Institute. "Diesen Panikmachern, die bei vielen Millionen Rentnern Unsicherheit verbreiten, wollen wir mit der eindeutigen Sprache des Gesetzes Einhalt gebieten." Die Rentengarantie soll sicherstellen, dass die Altersbezüge auch bei sinkenden Löhnen nicht angetastet werden.

Einen Dissens zwischen den beiden Ministern gebe es dennoch nicht, versuchten ihre Sprecher der aufkommenden Debatte um eine mögliche Belastung der Beziehung zwischen den Kabinettskollegen die Grundlage zu nehmen. "Die Generationengerechtigkeit liegt uns allen am Herzen", sagte ein Sprecher des Arbeitsministeriums. Scholz fühle sich von Steinbrück "nicht kritisiert". Und im Finanzministerium hieß es, der Minister habe nur auf das "Dilemma" für die Politik hingewiesen, "dass eine Entscheidung, die für eine bestimmte Zielgruppe von Vorteil ist, auch mit Nachteilen erkauft werden muss". Doch dass Steinbrück die Garantie nur aus Gründen der Parteiräson mitgetragen hat, ist in bekannt. Und dass Scholz seinen Vorstoß mit Steinbrück nicht abgesprochen hatte, wird kolportiert.

So oder so - die Debatte um das Thema ist jedenfalls voll entbrannt. "Ich kann Steinbrücks Kritikpunkte intellektuell nicht nachvollziehen", sagte der Sozialexperte der SPD, Karl Lauterbach, auf "Spiegel online". Auch Juso-Chefin Franziska Drohsel stellte sich vor Scholz: "Als Jusos können wir die panische Debatte über die Rentengarantie nicht nachvollziehen. Wir sehen keinen Generationenkonflikt. Vielmehr ist es eine soziale Frage, ob auch ältere Menschen in dieser Gesellschaft menschenwürdig leben können. Deshalb unterstützen wir als Jusos die Rentengarantie von Olaf Scholz", sagte Drohsel dem Abendblatt. Anders äußerte sich der frühere SPD-Arbeitsminister Walter Riester. "Steinbrück hat recht. Die Rentengarantie war in der Sache falsch", sagte er der "Rheinischen Post". Das gesetzliche Verbot von Rentenkürzungen sei eher aus politischen und emotionalen Beweggründen entschieden worden. Heißt im Klartext: weil Wahlkampf ist.