Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering interpretiert FDP-Chef Guido Westerwelles Äußerung zu einer rot-gelb-grünen Ampelkoalition nach der Bundestagswahl nicht als endgültige Absage.

Berlin. „Er hat eine Priorität, die lautet: Schwarz-Gelb. Aber er hat die Tür nicht wirklich zugemacht, sondern nur angelehnt“, sagte Müntefering dem Bonner „General-Anzeiger“. „Es gibt ganz viele Überlappungen zwischen uns: Innenpolitisch, außenpolitisch, Liberalität, Toleranz, Mittelstand.“ Die Theorie sei falsch, nach der nur Parteien mit besonderer programmatischer Nähe kooperieren können. „Ich gehe sogar so weit, dass die FDP in einer Ampelkoalition ein Alleinstellungsmerkmal hätte, das sie in einem Bündnis mit CDU/CSU nicht haben würde.“

Wenige Tage vor dem Bundesparteitag der FDP hatte sich Parteichef Guido Westerwelle von der Union distanziert und eine Koalition mit SPD und Grünen nicht mehr kategorisch ausgeschlossen. „Von der Union wissen wir nur, dass sie regieren will – nicht wozu und nicht mit wem“, sagte Westerwelle dem „Hamburger Abendblatt“. Es sei ein offenes Geheimnis, dass viele in der Union auf die Fortsetzung der großen Koalition oder sogar auf Schwarz-Grün setzten.

Westerwelle zeigte sich enttäuscht von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Erst vor kurzem habe er erklärt, dass die FDP eine „bürgerliche Regierung der Mitte“ wolle. „Daraufhin sagt die Kanzlerin, sie wolle keinen Lagerwahlkampf führen und kämpfe für eine starke CDU.“ Daraus habe er die Konsequenz gezogen: „Liberal sind wir schon, aber blöd sind wir nicht. Wir kämpfen für eine starke FDP und rennen keinem Rockschoß hinterher.“

Vor diesem Hintergrund relativierte Westerwelle seine Absage an eine Ampelkoalition. Ein Bündnis mit SPD und Grünen sei „im Augenblick“ inhaltlich ausgeschlossen. Die FDP erwarte jetzt „ein klares Signal der Union“, sagte der Parteichef. Weil sich CDU und CSU bislang aber zierten, werde die FDP mit einer formellen Koalitionsaussage bis kurz vor der Bundestagswahl warten

Angesichts schlechter werdender Umfragewerte für seine Partei betonte Westerwelle, er erwarte ein Kopf-an-Kopf-Rennen bei der Bundestagswahl. „Wenn es wieder zu einer linken Mehrheit kommen sollte, mag es noch einmal Schwarz-Rot als Durchgangsstadium geben“, sagte der FDP-Chef. „Aber spätestens nach der nordrhein-westfälischen Landtagswahl im Frühjahr 2010 marschieren SPD und Grüne zur Linkspartei, wo sie inhaltlich längst angekommen sind."

Die Spitzengremien der FDP bereiten heute in Hannover den 60. Bundesparteitag der Freien Demokraten vor. Von Freitag bis Sonntag werden die etwa 660 Delegierten das Programm der Partei für die Bundestagswahl beraten. Auch werden sie ihre Parteiführung für die nächsten zwei Jahre neu wählen. Westerwelle, der die FDP seit acht Jahren führt, kandidiert erneut für dieses Amt. Auch bei den anderen Spitzenpositionen werden keine Änderungen erwartet.

Niedersachsens FDP-Chef und Wirtschaftsminister Philipp Rösler schloss einen Lagerwahlkampf gemeinsam mit der CDU gegen SPD, Grüne und Linke aus. „Wir sind mit der Union ja nicht immer einer Meinung. Im Gegenteil. Die Begründung, gerade bei dieser Bundestagswahl FDP zu wählen, ist, dass wir Kurs halten und wir deshalb ein gutes Korrektiv gerade für die Union in wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen sind“, sagte Rösler dem Bremer „Weser Kurier“. Eine andere Koalition als mit der CDU komme derzeit allerdings nicht in Betracht. „Man muss feststellen, dass es keinerlei Übereinstimmungen mit der SPD gibt, aber auch immer weniger mit den Grünen. Insofern ist es richtig, sich auf das Ziel zu konzentrieren, nach der Bundestagswahl zu einer schwarz-gelben Mehrheit zu kommen“, sagte der Minister. Dennoch werde es beim Bundesparteitag der Liberalen keine formale Koalitionsaussage zugunsten der CDU geben.