Der Terrorismusrichter Ottmar Breidling ist zwar eher auf langwierige Verfahren spezialisiert, aber er kann auch kurzen Prozess machen: “Dies ist...

Düsseldorf. Der Terrorismusrichter Ottmar Breidling ist zwar eher auf langwierige Verfahren spezialisiert, aber er kann auch kurzen Prozess machen: "Dies ist keine Moschee, sondern ein deutscher Gerichtssaal", schleuderte der Düsseldorfer Richter vor gut neun Jahren den Anhängern des Islamistenführers Metin Kaplan entgegen, die den selbst ernannten "Kalifen von Köln" im Verhandlungssaal lautstark feierten. Minuten später fanden sich zwei der Störer in einer Zelle wieder - Breidling ließ die Kaplan-Jünger von der Zuschauerbank direkt in eine zweitägige Ordnungshaft abführen.

Morgen wird Breidling das Verfahren gegen die mutmaßlichen Terroristen der Sauerland-Zelle eröffnen - den wahrscheinlich letzten großen Prozess seiner Richterkarriere, in deren Verlauf sich der gebürtige Bremer den Ruf eines ebenso souveränen wie unnachgiebigen Staatsschutzrichters erworben hat. Breidling ist einer der Erfahrensten seiner Zunft: Erst im vergangenen Dezember schickten der 62-Jährige und seine Richterkollegen den Kofferbomber von Köln lebenslang hinter Gitter, 2007 und 2005 verurteilte der Breidling-Senat Mitglieder der Terrorvereinigungen al-Qaida und al-Tawhid zu langjährigen Haftstrafen, im Herbst 2000 musste der später in die Türkei abgeschobene Kaplan nach dem Spruch der Düsseldorfer Richter für vier Jahre ins Gefängnis.

Seit November 1996 leitet Breidling den 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf. In seinen zahlreichen Terrorismusverfahren seither ließ der verheiratete Vater einer Tochter auch nicht die Spur eines Zweifel aufkommen, wer der Herr im Gerichtssaal ist. Dabei kommt ihm seine akribische Arbeitsweise zugute: Bei Anwälten und Anklägern gilt Breidling als absolut aktenkundig - als Richter, der jedes Detail der manchmal Hunderte Ordner umfassenden Prozessunterlagen kennt. Dass Breidlings Urteile hieb- und stichfest sind, hat sich wiederholt vor dem Bundesgerichtshof (BGH) erwiesen: Bislang wurde nicht ein einziger Spruch des Breidling-Senats in der Revision aufgehoben.

Freilich sagen manche Strafverteidiger dem Staatsschutzrichter eine autokratische Prozessführung nach. So erteilt der passionierte Golfspieler schon mal gerne dem einen oder anderen Anwalt im Düsseldorfer Hochsicherheitstrakt eine Lektion in Strafprozessrecht. Auch Verantwortlichen in Politik und Behörden las er bereits mehrfach die Leviten. Bei der Urteilsverkündung im Kofferbomber-Prozess etwa zeigte Breidling, der in seiner Karriere zweimal zum Bundesjustizministerium abgeordnet wurde, wenig Verständnis für Vorbehalte gegen die Videoüberwachung öffentlicher Plätze. Dieses Mittel sei vielmehr "außerordentlich hilfreich" bei der Aufklärung schwerster Straftaten.

Im Prozess gegen drei Al-Qaida-Aktivisten knöpfte sich Breidling die aus seiner Sicht zu engen Regelungen beim Großen Lauschangriff vor, die einer "schlagkräftigen Wohnraumüberwachung" entgegenstünden. Im Verfahren gegen vier Al-Tawhid-Islamisten schließlich geißelte der nachdrückliche Befürworter der Kronzeugenregelung den Umgang der deutschen Ausländerbehörden mit den Angeklagten als zu lax. Die Beschuldigten hätten wegen ausländerrechtlicher Verstöße "frühzeitig abgeschoben werden müssen", schrieb er den Amtsträgern ins Stammbuch.

Eine richtungweisende Entscheidung traf Breidling im Prozess gegen zwei Aktivisten der linksextremistischen "Antiimperialistischen Zelle" (AIZ). In dem Verfahren Ende der 90er-Jahre ließ sein Senat bundesweit erstmals die Überwachung von Verdächtigen per GPS als Ermittlungsmethode zu. Polizisten hatten seinerzeit am Auto eines der Angeklagten heimlich ein solches satellitengestütztes Gerät zur Standortbestimmung angebracht. Vergeblich liefen die Verteidiger in den folgenden Jahren Sturm gegen Breidlings Rechtsauffassung.