Millionen von Steuerzahlern hoffen auf nachträgliche Erstattung ihrer Fahrtkosten.

Hamburg. Heute blicken Millionen von Steuerzahlern gespannt nach Karlsruhe: Das Bundesverfassungsgericht fällt sein lange erwartetes Urteil über die weitgehende Abschaffung der Pendlerpauschale.

Doch wer auf ein vorweihnachtliches Geschenk hofft, könnte enttäuscht werden. Denn die Richter entscheiden ausdrücklich nicht, ob die alte Pendlerpauschale wieder eingeführt werden muss, sondern einzig darüber, ob die seit 2007 geltenden neuen Vorschriften verfassungskonform sind. "Wie auch immer der Richterspruch ausfällt: Ich erwarte eine weitere Verschärfung der Diskussion darum, was Deutschland für die Pendler tut und wie die Bürger steuerlich entlastet werden können", sagte Otto Bernhardt, finanzpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, dem Hamburger Abendblatt. In Koalitionskreisen gilt es als wahrscheinlich, dass die Richter die neu eingeführte Absetzbarkeit der Fahrtkosten ab dem 21. Entfernungskilometer (30 Cent pro Kilometer) für willkürlich und deshalb verfassungswidrig halten. Dann würde der Bundesregierung wie bei der Erbschaftssteuer eine Frist gesetzt, in der das Regelwerk neu gefasst werden muss. Auch Rückzahlungen sind nicht ausgeschlossen: "Die Einkommenssteuererklärungen für 2007 wurden wegen des anhängigen Verfahrens offengehalten und mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen. Nach einer für den Steuerzahler positiv ausgegangenen Entscheidung könnten diese automatisch von den zuständigen Finanzämtern korrigiert werden", sagte Karl Heinz Däke, Präsident des Bundes der Steuerzahler, dem Abendblatt. Doch als wahrscheinlicher gilt, dass wie auch bei der Erbschaftssteuer lediglich eine Korrektur der aktuellen Regeln innerhalb einer bestimmten Frist zur Auflage gemacht wird - also das Ende des sogenannten "Werkstorprinzips". Es besagt, dass die Arbeit erst am Werkstor beginnt, Fahrtkosten Privatsache sind, sofern die Entfernung nicht mehr als 20 Kilometer beträgt.

Dann müsste sich die Koalition mit der Frage befassen, ob die Pauschale ganz wegfallen oder ob sie wieder ab dem ersten Kilometer erstattet werden soll. Durch die Änderung hatte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) jährlich 2,5 Milliarden Euro für den Staatssäckel gespart. Doch die Kräfte, die nach einer Entlastung der Pendler rufen, sind stark. Die CSU hatte bislang erfolglos dafür gekämpft - CDU-Chefin Angela Merkel zeigte der Schwesterpartei wegen des nahenden Urteils die kalte Schulter.

In der SPD gab es "längst verfassungsrechtliche Bedenken", sagte Ortwin Runde, Mitglied des Finanzausschusses, dem Abendblatt: "Wir hätten ein Modell präferiert, das die Kilometerpauschale gekürzt hätte und mit einer Senkung des Dienstwagenprivilegs finanziert worden wäre. Das wollte die CDU nicht." Für die Opposition ist die Pendlerpauschale exemplarisch, sagte FDP-Fraktionsvize Rainer Brüderle: "Das Bundesverfassungsgericht wird wegen der schlampigen Regierungsarbeit von Schwarz-Rot immer mehr zum politischen Reparaturbetrieb."