Steuersenkungen ja, aber erst später: Heute will Angela Merkel ihr Wahlprogramm durchsetzen. Hier geht’s zur Bildergalerie.

Berlin. Die Widersacher der CDU-Vorsitzenden wetzen ihre Messer: Auf dem heute in Stuttgart startenden Parteitag muss Angela Merkel sich mit Unmengen von Forderungen auseinandersetzen. Offiziell geht es vorrangig um die Taktik der Bundeskanzlerin während der Krise, inoffiziell versuchen alte Rivalen wie Friedrich Merz oder Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, einen Kurswechsel in der Union zu erreichen. Wichtigstes Thema des Parteitags dürfte die Weichenstellung für den Wahlkampf werden, für den ein großes Steuersenkungsprogramm unter dem Schlagwort "Die Mitte. Deutschlands Stärke" verabschiedet werden soll. Doch das reicht vielen nicht.

Merz etwa verlangt, eine Senkung der Steuer- und Abgabenlast könne nicht bis zur Bundestagswahl 2009 herausgeschoben werden. Auch Josef Schlarmann, der Chef der Mittelstandsvereinigung der Union, macht Druck: "Wenn von 1000 Euro Weihnachtsgeld nur 300 Euro netto in der Tasche bleiben, regt dies weder den Konsum an, noch ist es ein Anreiz, mehr zu arbeiten." Er verlangt eine deutliche Senkung der Einkommenssteuer für die mittleren Einkommen. Für eine frühere Absetzbarkeit der Kosten für die Gesundheits- und Pflegeversicherung sprach sich Michael Fuchs (CDU) aus, der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand. Auch der selbst ernannte Arbeitervertreter und nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers fordert ein Entlastungssignal für die Bürger: "Die Leute haben zehn Jahre ohne Nettolohnerhöhung hinter sich, da muss man jetzt auch über Entlastungen reden", sagte Rüttgers dem "Handelsblatt".

Merkel machte vor Beginn des Parteitags noch einmal klar, dass sie von einer schnellen Senkung etwa der Mehrwertsteuer nichts hält: "Eine solche Maßnahme wäre nicht zielgenau und garantiert nicht den gewünschten Erfolg", sagte die CDU-Chefin der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Sie will die Bekämpfung der aktuellen Krise nicht mit strukturellen Reformen, etwa der Einkommenssteuer, vermischen. Unterstützung erhält sie von ihrem Generalsekretär Ronald Pofalla: "Wir sind für Augenmaß und nicht für Aktionismus." Auch die Mitglieder der engsten Parteiführung sprachen sich gestern fast einhellig dafür aus, zunächst die Wirkungen des gerade verabschiedeten Konjunkturprogramms abzuwarten.

Ein weiteres Streitthema könnte das Familiensplitting werden: Während die CDU auf dem Parteitag eine Erweiterung des Ehegattensplittings beschließen will, die Familien mit Kindern besser stellt als kinderlose Ehepaare, warnt der CSU-Familienpolitiker Johannes Singhammer vor Benachteiligungen: "Wir dürfen nicht Mütter bestrafen, deren Kinder schon aus dem Haus sind", mahnte er im "Spiegel". Bei der Wahl des Parteivorstands könnte sich der Richtungsstreit der CDU entladen. Nicht an Angela Merkel, deren gute Wiederwahl als beschlossene Sache gilt. Sondern an Philipp Mißfelder, dem 29-jährigen Vorsitzenden der Jungen Union, der Nachfolger der in die Wirtschaft gewechselten Staatsministerin Hildegard Müller werden soll. Mißfelder ist alles andere als ein Merkel-Zögling. Er macht keinen Hehl aus seiner Verehrung für Altkanzler Helmut Kohl und stellte sich etwa 2007 gemeinsam mit Merz gegen die Gesundheitsreform, die die Bundeskanzlerin vorangetrieben hatte. Der erfolgreiche Nachwuchspolitiker verlangt, dass die Union ihr wirtschaftspolitisches Profil schärft. Je höher Mißfelders Zustimmungswerte bei den heutigen Wahlen ausfallen, desto mehr muss Merkel das als Kritik an ihrem Kurs werten.