Handelskammer-Präses Horch: “Das ist kontraproduktiv!“ Wirtschaftsforscher fürchtet “Angstsparen“ zu Weihnachten.

Hamburg. Die Bundesregierung sieht Deutschland vor einer düsteren Zeit. "Wir müssen damit rechnen, dass das kommende Jahr, zumindest in den ersten Monaten, ein Jahr schlechter Nachrichten wird", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) der "Welt am Sonntag". Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) erklärte, die Bundesrepublik stecke in einer Rezession, und niemand könne sagen, wann die schlimmsten Folgen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise überstanden seien. Merkel appellierte an die deutschen Unternehmen, trotz der Rezession ihre Fachkräfte nicht zu entlassen. Wenn es wieder Wachstum gebe, würden diese "dringend gesucht werden".

Viele Hamburger Kaufleute, Handwerker und Forscher warnen die Regierung dagegen vor Schwarzmalerei kurz vor dem wichtigen Weihnachtsgeschäft. "Deutschland steht vor einem schwierigen Jahr, aber es gibt gute Gründe, dass es keine lange und tiefe Rezession werden muss", sagte der Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI), Thomas Straubhaar, dem Hamburger Abendblatt. Er bezeichnete Merkels Prognose als "alarmistisch". Mit solchen Aussagen werde "das Angstsparen gefördert und die Abschwungkräfte verstärkt, statt sie umzudrehen".

Auch der Präses der Hamburger Handelskammer, Frank Horch, sieht für die Mehrheit der rund 127 000 Kaufleute in der Stadt keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. "Es gibt keinen Anlass für pauschalen Pessimismus. Das ist kontraproduktiv. Einbrüche gibt es vor allem dort, wo es in der Vergangenheit auch die größten Wachstumszahlen gab."

Der Handwerkskammerpräsident Peter Becker geht davon aus, dass die Verbraucher die Krise, wenn überhaupt, "frühestens Ende nächsten Jahres signifikant spüren werden", falls tatsächlich Jobs in großer Zahl abgebaut würden. In seiner Branche, den Bäckereien, sieht Becker bisher noch keine Kaufzurückhaltung der Verbraucher.

Der Schuhhändler Ludwig Görtz, Chef des Hamburger Einzelhandelsverbandes, begrüßte zwar Merkels Vorstoß als "ehrliche Ansage". "Es ist besser, die Wahrheit zu sagen, als alles schönzureden und falschen Frohsinn zu verbreiten." Pessimistisch sei er dennoch nicht. "Es werden nicht alle Branchen gleich schwer betroffen sein. Es wird Gewinner und Verlierer geben."

Für Mut in der Krise wirbt auch die Hamburger Betriebswirtschaftsprofessorin Sonja Bischoff: "Eine Zuversicht bleibt: Jedem Abschwung folgt ein Aufschwung."