Gegen den erbitterten Widerstand der Opposition hat der Bundestag die Online-Durchsuchung und weitere neue Befugnisse für das Bundeskriminalamt...

Berlin. Gegen den erbitterten Widerstand der Opposition hat der Bundestag die Online-Durchsuchung und weitere neue Befugnisse für das Bundeskriminalamt (BKA) bei der Terrorbekämpfung beschlossen. Das neue BKA-Gesetz wird, wie in der Föderalismus-Kommission vereinbart, dem BKA erstmals auch Befugnisse zur Gefahrenabwehr bei Terrorgefahr geben. Dazu gehört neben Online-Durchsuchung erstmals auch der Spähangriff. Die Grünen sprachen von dem BKA als neuer "Monsterbehörde". Einer angekündigten Verfassungsbeschwerde des ehemaligen Bundesinnenministers Gerhart Baum (FDP) und der Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sieht Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble ungerührt entgegen. Die Regelungen würden "zu 100 Prozent dem Grundgesetz entsprechen", sagte er gestern. Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber im Februar hohe Hürden für die Online-Durchsuchung aufgegeben. Nach dem Bundestag soll vor Weihnachten noch der Bundesrat zustimmen. Dann kann das Gesetz in Kraft treten. Folgende Änderungen sind geplant:

Online-Durchsuchung: Das heimliche Anzapfen von Computern von Verdächtigen wird dem Gesetzentwurf zufolge dann erlaubt, wenn die Unversehrtheit einer Person oder der Bestand des Staates gefährdet sind. Die Beamten müssen das Spionageprogramm ("Bundestrojaner") allerdings per E-Mail oder über einen anderen technischen Weg installieren. Die Wohnung des Verdächtigen dürfen sie dazu nicht betreten. Grundsätzlich ordnet ein Richter die Durchsuchung an, wenn der Präsident des BKA sie beantragt hat. Bei "Gefahr im Verzuge" trifft der BKA-Präsident die Entscheidung, die aber innerhalb von drei Tagen richterlich abgesegnet werden muss. Da sichergestellt werden muss, dass die Privatsphäre geschützt wird, sollen der nicht weisungsgebundene Datenschutzbeauftragte des BKA und zwei Beamte der Behörde die erhobenen Daten auf Privates hin überprüfen. Die Online-Durchsuchung ist bis 2020 befristet.

Lausch- und Spähangriff: Die BKA-Beamten dürfen künftig die Wohnungen Verdächtiger akustisch und auch optisch mit einer Kamera überwachen. Letzteres ist eine Folge der Ermittlungen um die sogenannte Sauerland-Gruppe. Drei Männer waren vor gut einem Jahr im Sauerland nach langwierigen Observationen festgenommen worden, weil die offenbar mehrere Terroranschläge planten. Die Ermittler konnten bei der Überwachung zwar hören, dass sie in der Garage werkelten; was sie genau aber taten, konnten sie nicht sehen. Zur Installation von Wanzen und Kameras ist den Ermittlern in diesen Fällen der heimliche Einbruch in die verdächtige Wohnung erlaubt. Auch hier ist eine richterliche Anordnung erforderlich, auf die bei "Gefahr im Verzuge" vorerst verzichtet werden kann. Dasselbe gilt für die Telefonüberwachung. Reden die Überwachten über private Themen, muss die Observation unterbrochen werden. Bestehen nun Zweifel über den Charakter der Gespräche, kann die Aufnahme im "Automatik"-Modus fortgeführt werden. Das Gericht muss dann diese Aufzeichnungen auswerten.

Geschützte Berufsgruppen: Generell ausgenommen von der Überwachung sind Geistliche, Abgeordnete sowie Strafverteidiger von Beschuldigten, die von der Überwachung betroffen sind. Bei den anderen als schützenswert eingestuften Berufen - wie etwa Journalisten - ist eine Überwachung hingegen grundsätzlich zulässig.