Der Umweltexperte Sven Schulze vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut fordert aus Klimaschutzgründen die völlige Abschaffung der...

Hamburg. Der Umweltexperte Sven Schulze vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut fordert aus Klimaschutzgründen die völlige Abschaffung der Pendlerpauschale.


Hamburger Abendblatt:

Herr Schulze, wäre die Rückkehr zur alten Pendlerpauschale ein Unglück?

Sven Schulze:

Wer jetzt die Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale fordert, tut jedenfalls so, als könne der Staat die Kräfte der Energiepreismärkte außer Kraft setzen. Bei allen juristischen Scharmützeln und politischen Willfährigkeiten wird die ökonomische Analyse leider vernachlässigt.



Abendblatt:

Welche wirtschaftlichen Folgen sehen Sie denn?

Schulze:

Knapp 67 Prozent aller Pendler nutzen für den Großteil ihrer Wegstrecke zur Arbeit das Auto. Der Staat muss die dafür notwendige Straßeninfrastruktur bereitstellen. Das verursacht volkswirtschaftliche Kosten, für die wiederum alle aufkommen müssen.



Abendblatt:

Auch ohne die Pauschale gäbe es in Deutschland Straßenbau und Autoverkehr.

Schulze:

Sicherlich. Aber auch energiepolitisch widerspricht die Subventionierung des individuellen Pkw-Verkehrs allen Zielsetzungen, den Verbrauch fossiler Energie zu verringern.



Abendblatt:

Eine umweltpolitische Fehlsteuerung?

Schulze:

Aus meiner Sicht ja. Die Pauschale unterstützt die Emission von klimaschädlichen Treibhausgasen, das ist Fakt. Sie läuft damit den Bemühungen der Bundes- und Landesregierungen zuwider, den CO2-Ausstoß zu reduzieren.



Abendblatt:

Inwiefern ist das ein wirtschaftliches Argument?

Schulze:

Die kostenmäßigen Auswirkungen zum Beispiel des Klimawandels sind doch enorm. Denken Sie nur an Wetterextreme, da können die Schäden große Dimensionen haben.



Abendblatt:

Die Befürworter der Pauschale fordern Gerechtigkeit.

Schulze:

Ich kann nicht erkennen, was an einer Subvention gerecht sein soll, die das Privatvergnügen begünstigt, im Grünen zu wohnen. Zumal die Steuerbegünstigung umso stärker greift, je länger die regelmäßig zurückgelegte Strecke zur Arbeit ist. Das ist nichts anderes als eine Umverteilung von Nah- zu Fernpendlern. Dabei sind die Bewohner der Städte ohnehin mit höheren Wohnkosten konfrontiert.



Abendblatt:

Ihr Fazit?

Schulze:

Die Pendlerpauschale subventioniert negative Effekte und hat wohlfahrtsmindernde Nebenwirkungen, die anderen Maßnahmen entgegenlaufen. Sie muss deshalb ganz gestrichen werden.



Abendblatt:

Und durch was ersetzt?

Schulze:

Durch das Gegenteil, eine Pendlersteuer. Wer mit dem Pkw zur Arbeit pendelt, sollte dafür Steuern zahlen und nicht begünstigt werden.



Abendblatt:

Haben Autofahrer nicht schon genug zu berappen?

Schulze:

Wir brauchen einen Mentalitätswandel, der nicht anders zu erreichen ist. Insbesondere die Autofahrer müssen sich an den Gedanken gewöhnen, dass die Zeiten günstigen Fahrens vorbei sind.