Urlaubsplanung bei Bundeskanzlers in Berlin-Mitte. Sagt er: Warum nicht mal Mallorca? Sagt sie: Zu viele Engländer, zu wenig Handtücher.

Urlaubsplanung bei Bundeskanzlers in Berlin-Mitte. Sagt er: Warum nicht mal Mallorca? Sagt sie: Zu viele Engländer, zu wenig Handtücher. Sagt er: Ich werd sauer, immer dasselbe. Sagt sie: Genau. Dasselbe. Tradition und Fortschritt. Wir wandern in Südtirol.

Wie bei Angela Merkel wird auch der Partner-Dialog in den Familien von Frank-Walter Steinmeier (Außenminister) und Olaf Scholz (Arbeit) gewesen sein. Sie urlauben allesamt in Südtirol. Dort ist genügend Platz, um sich aus dem Weg zu gehen und gleichzeitig eine außerplanmäßige Kabinettssitzung anzuberaumen. Aus der Schweiz käme rasch Peer Steinbrück rübergewandert, aus Österreich Ursula von der Leyen, aus dem unbedeutenden Rest-Italien Franz Josef Jung.

Denn das ist das Charmante an der großkoalitionären Kompromiss-Region an der Etsch: Italienisch, aber quasi-autonom, man spricht Deutsch, isst Frittatensuppe, Kaiserschmarren und trinkt doch Weine von hippen Winzern.

Aus hitzigen Talkesseln flieht man tagsüber auf die Almen, bewundert am Wegesrand die Kräuter und sinniert über ihre Entsprechungen in der politischen Landschaft Deutschlands: Lavendel (Merkel), Knöterich (Steinbrück) und Majoran (Schavan).

Die bauernschlauen Südtiroler haben die ehemalige Sommerfrische für Rentner umgewidmet zu einem coolen Paradies für politisch Korrekte. Wandern heißt jetzt "Hiking". Radfahren "Biking". Wer ins Schlauchboot steigt, geht zum "Rafting". Und die Südtiroler behaupten felsenfest, die Eismumie Ötzi heiße bei den Amerikanern "Frozen Fritzi".

Sicher, die Boygroup Kastelruther Spatzen ist kaum Pop-Kultur. Aber das neue, futuristische Museion in Bozen zeigt Rosemarie Trockel und moderne Kunst vom Feinsten.

So wie der versteckte Trainingsplatz oberhalb des Kalterer Sees 1990 vor der Fußball-Weltmeisterschaft für Teamchef Franz Beckenbauer schon die halbe Miete für den Titelgewinn war, so schielen auch Merkel und Co. bereits auf das Bundestagswahljahr 2009. Das Image Südtirols könnte ihnen dabei helfen: bieder, spießig, unterschätzt, erfolgreich.