Der Mittelstand trägt die Wirtschaft, die politische Mitte den ganzen Staat. Doch die Mitte der Gesellschaft scheint zu bröckeln, weil nach allen Statistiken und Studien die Millionen Normalbürger in Deutschland nicht so von der Konjunktur profitieren, wie sie müssten. Für die Politik, vor allem die Volksparteien, ist dieser Befund schmerzlicher als jedes Wahlergebnis.

Erfand noch Gerhard Schröder die "neue Mitte", becircte Angela Merkel schlicht "Die Mitte", so blickt die klassische Mittelschicht heute in ängstlicher Nabelschau einer ungewissen Zukunft entgegen. In einem wichtigen und richtigen Reformmarathon wurde ihr viel zugemutet. Löhne, Gehälter und Renten stagnierten bestenfalls. Der Verzicht war messbar. Jetzt erwarten alle deutlich mehr im Portemonnaie. Das sind nicht nur die Millionen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes.

Vor allem die Mitte der Mitte ist gebeutelt und überfordert, die 25- bis 45-Jährigen. Sie wollen Familien, müssen Existenzen gründen, Kinder versorgen, für den Ruhestand der anderen arbeiten, für den eigenen vorsorgen.

Dieser dynamischen Alterskohorte werden hohe Steuer- und Abgabenlasten aufgebürdet. Ihnen wurde die Eigenheimzulage gestrichen, die Pendlerpauschale reduziert. Ihre Lebensversicherungen werfen zu wenig ab, ihre Jobs werden unsicherer, gearbeitet wird bis 67. Kein Wunder, wenn in der Mitte die Abstiegsangst umschleicht.

Ob der private Konsum wieder kräftig anzieht, wird genau zu beobachten sein. Denn er ist auch eine Maßeinheit für das Vertrauen der Mitte. Der früher oft verschmähte Gedanke der Leistungsgesellschaft muss wieder in seiner Essenz sichtbar werden. Wer leistet, wird belohnt, wer noch mehr leistet, steigt auf.