Der eine hat in der Partei Karriere gemacht, der andere bei Schröder. Was für den Außenminister und was für den SPD-Chef spricht.

Hamburg/Berlin. Wenn sein Handy klingelt, ertönt der Bluessong "I'm your Hoochie Coochie Man". Das "Hoppla, hier bin ich", gesungen von Muddy Waters. Frank-Walter Steinmeier, ein Mann für alle Tonarten, scheint das Lied zu mögen. Und der deutsche Außenminister schätzt kurze Kommunikationswege. Nur auf einen Pfad lässt sich der SPD-Parteivize ohne Bundestagsmandat nicht locken: den einer erklärten Kanzlerkandidatur für 2009. Darauf hat Parteichef Kurt Beck die erste Option. So ist die stillschweigende Verabredung. Doch nach dem Schlingerkurs in Sachen Linkspartei mehren sich die Stimmen, dass der populäre Steinmeier Beck als Hoffnungsträger für 2009 ab- und die Partei erlösen möge. Das Abendblatt hat die beiden miteinander verglichen.

Rückhalt in der Partei Kurt Beck (59) hat die klassische Ochsentour auf sich genommen: vom Elektromechaniker und Landtagsabgeordneten bis zum rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten und Parteichef. Erdverbunden, durchsetzungsstark, leutselig. Mit ihm hat die Partei ein Bundesland fest in den Griff bekommen. Beck hat sich in die Pflicht nehmen lassen, als die SPD kopflos war. Das bringt ihm Pluspunkte im eigenen Lager. Frank-Walter Steinmeier (52) hat eine Karriere außerhalb von Parteisitzungen absolviert, im Paralleluniversum des früheren Kanzlers Gerhard Schröder. Er stammt aus Ostwestfalen, hat als Top-Jurist Karriere gemacht und landete bei Schröder in der Staatskanzlei, später im Tross der FoG's (Friends of Gerd) als Chef des Bundeskanzleramts in Berlin. 2009 soll Steinmeier einen Wahlkreis bekommen - in Brandenburg.

Rückhalt bei den Wählern Schon qua Amt ist der deutsche Außenminister einer der populärsten Politiker. Steinmeiers Popularitätswerte werden selten übertroffen. Doch reicht das für einen Wahlkampf? Beck erkennt zwischen 1000 und 10 000 deutsche Marktplätze allein am Duft, so oft hat er vor Menschenmengen gesprochen. Bei den Wählern, die aus der Distanz urteilen, hat Steinmeier Souveränitätsvorteile. Mit dem politischen Alltagsgezänk wird er nicht identifiziert.

Innenpolitisches Profil Beck packt die SPD am archimedischen Punkt: soziale Gerechtigkeit. Die Agenda 2010, die Steinmeier durchzusetzen half, drehte Beck leicht zurück. Weil es in die Gemengelage passte, in die Welt, wie Beck sie sah. Mit Erfolg: Bei den Wahlen in Hessen und Hamburg legte die SPD zu. Steinmeier wird als Innenpolitiker unterschätzt. Er werkelte entscheidend mit an der rot-grünen Steuerreform (die den Spitzensteuersatz senkte), am Atomkonsens, am Bündnis für Arbeit. Der "Spiegel" schrieb im Jahr 2000: "In Berlin kursiert der Scherz, die wirkliche Krise für Deutschland breche aus, wenn Steinmeier wegen Grippe ausfalle."

Außenpolitisches Profil Was Beck fehlt, hat Steinmeier im Überfluss: Gipfel-Erfahrung, internationales Renommee, Sitzgefühl in der Regierungsmaschine "Konrad Adenauer".

Profilierung gegenüber Merkel Da hat es Beck leichter. Steinmeier würde an positivem Image verlieren, müsste er gegen die Kabinettskollegin Angela Merkel Wahlkampf machen. Beck wäre als absolut regierender Provinzfürst vermutlich leichter in der Lage, die von der Großen Koalition Enttäuschten einzufangen. Allerdings wäre der Sympathievorsprung Merkels größer als im Vergleich Merkel/Steinmeier.

Fazit "Ich kann mich nicht erinnern, dass in diesen Tagen die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur angestanden hätte", sagt Steinmeier. Ein heiliger Eid klingt anders. Einer aus der ersten Berliner Reihe, nicht Mitglied der SPD, sagte zum Abendblatt: "Beck wird von allen unterschätzt. Vor allem aus Berliner oder Hamburger Sicht kommt Beck provinziell daher. Dabei weiß er genau, wie er mit den Leuten umzugehen hat." Und wer wird Kanzlerkandidat der SPD 2009? "Steinmeier. Ganz sicher."