Liechtenstein fürchtet um seinen Status als Finanzmetropole und Anlage-Paradies für Gelder aus aller Welt. Der Vorwurf: Deutsche Steuerermittler hätten illegal die privaten Daten von Liechtensteiner Bankkunden angekauft.

Vaduz/Berlin. Fünf Tage lang dachte die Fürstenfamilie nach. Gestern Morgen stellte sich Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein in Vaduz mit seinem Justizminister an zwei weiße Bistro-Tische und blies zum Frontalangriff auf den "Großstaat" Deutschland. Die liechtensteinische Regierung sei entsetzt, wie deutsche Steuerfahnder mit dem Auslandsgeheimdienst BND offensichtlich Hehlerei im großen Stil betrieben, um an gestohlene Bankdaten zu kommen.

Hinter dem Auftritt steckt auch die Furcht der Fürstenfamilie, den Ruf als verschwiegenes Paradies für Steuerhinterzieher aus der ganzen Welt zu verlieren.

Der Prinz ließ keinen Zweifel daran, dass sich der Zwergstaat mit seinen 35 000 Bürgern als Opfer übereifriger deutscher Steuerfahnder und Agenten fühlt. Der BND habe von einem verurteilten Verbrecher, der 2002 Daten aus der LGT-Bank der Fürstenfamilie gestohlen habe, eine Kopie mit Infos über rund 500 deutsche Steuersünder angekauft, die viele Millionen in anonymen Stiftungen versteckt haben sollen.

Die Affäre in Deutschland ist für das erst 39 Jahre alte Staatsoberhaupt ein Angriff auf die Souveränität seines Landes. "Es ist sicher eine Krise, wenn man von diesem Großstaat angeschossen wird."

Der Prinz ist vom Fach: Alois wurde als ältester Sohn von Hans-Adam II. und Fürstin Marie in Zürich geboren. Nach dem Abitur absolvierte er eine Offiziersausbildung an der britischen Militärakademie Sandhurst. Sein Studium der Rechtswissenschaften an der Uni Salzburg schloss er 1993 mit einem Magisterdiplom ab. Danach arbeitete er drei Jahre lang bei einem Wirtschaftsprüfungsunternehmen in London.

Der Prinz unterstellte der deutschen Seite, den Zeitpunkt für die Steuerrazzien gegen Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel und andere bewusst gewählt zu haben, um den liechtensteinischen Regierungschef Otmar Hasler bei seinem Besuch in Berlin in die Mangel nehmen zu können.

Die Europäische Union versucht seit Jahren, die cleveren Finanzjongleure in Liechtenstein, Österreich, Schweiz oder Luxemburg zu einer stärkeren Kooperation zu bewegen. Liechtenstein wird von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) als eine jener Steueroasen geführt, in der in Steuerfragen die Bankauskünfte erheblich eingeschränkt sind.

Das Fürstenhaus wäscht seine Hände in Unschuld. Es gebe keine Dienstanweisungen an die heimischen Banken, Geldströme aus dem Ausland zu verschleiern, sagte der Prinz. Er sehe aber nicht ein, dass Liechtensteins Banken in Zukunft als verlängerter Arm deutscher Steuerfahnder ihre Kunden aushorchen sollten.

Justizminister Klaus Tschütscher (40) ergänzte, die Zusammenarbeit mit deutschen Staatsanwälten habe bisher prima geklappt.

Beim Karlsruher Flowtex-Skandal, der Schmiergeldaffäre beim Bau der Kölner Müllfabrik oder im Fall Siemens habe Liechtenstein Rechtshilfe geleistet. Erbprinz Alois sagte zum Schluss seines wohlinszenierten Auftritts: "Deutschland sollte seine Steuergelder besser dafür einsetzen, um sein Steuersystem in den Griff zu bekommen, als Millionen-Beträge für gestohlene Daten auszugeben."