Erbprinz Alois wirft Berlin “Hehlerei“ vor, weil der BND einen Verbrecher bezahlt habe. Heute Premier bei Kanzlerin Merkel.

Vaduz/Berlin. Die massive Fahndung nach Steuerhinterziehern hat zu einem schweren Zerwürfnis zwischen Liechtenstein und Deutschland geführt. Das amtierende Staatsoberhaupt des Fürstentums, Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein, verurteilte die Bundesregierung in einer für europäische Staaten beispiellosen Weise: "Es ist ein vollkommen überrissener Angriff gestartet worden gegen Liechtenstein", sagte er. "Es ist sicher eine Krise, wenn man von diesem Großstaat so angeschossen wird." Der Bundesnachrichtendienst (BND) habe von einem verurteilten Verbrecher Daten eingekauft, die dieser 2002 aus der LGT-Bank der Fürstenfamilie gestohlen habe.

Aufgrund der Datensätze ermitteln deutsche Staatsanwälte gegen den früheren Postchef Klaus Zumwinkel und Hunderte andere Deutsche wegen Steuerhinterziehung. "Offensichtlich will man in großem Stil Hehlerei betreiben", sagte der Erbprinz. Deutschland habe "immer noch nicht verstanden, wie man mit befreundeten Staaten umgeht, die eine direkte Demokratie kennen." Es sei ein Affront, dass die Steueraffäre unmittelbar vor den heutigen Gesprächen zwischen Liechtensteins Regierungschef Otmar Hasler und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin lanciert worden sei.

SPD-Chef Kurt Beck sagte dazu, er betrachte die Anschuldigungen aus Liechtenstein "eher als Ausdruck eines sehr schlechten Gewissens".

Der BND hatte für die Daten 4,2 Millionen Euro an den Informanten gezahlt. Laut "Wall Street Journal" ist dieser inzwischen enttarnt. Der Mann soll sich in Australien aufhalten. Das Vorgehen des BND soll heute vom Parlamentarischen Kontrollgremium beleuchtet werden. Das Finanzministerium drohte gestern mit internationalen Aktionen gegen Steueroasen, darunter auch Liechtenstein.

Währenddessen gingen die Ermittlungen gegen potenzielle Steuersünder weiter. Auch die 400 Jahre alte Hamburger Privatbank Berenberg sei von Fahndern "besucht" worden, sagte ein Bank-Sprecher dem Abendblatt. Sie hätten sich etwa zehn Minuten im Haus an der Binnenalster aufgehalten und Informationen über "eine einzelne Adresse" aus dem Kundenkreis eingeholt. Eine Durchsuchung habe es nicht gegeben. Der Vorgang sei "unschön", auch wenn sich die Ermittlungen nicht gegen die Bank richteten. Berenberg hat nach eigenen Angaben etwa 6000 Privatkunden und betreut ein Vermögen von 19 Milliarden Euro.